Der Weise – Der Krüppel – Was uns bleibt

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Ein Triptychon

Der Weise

Geh‘ nun, geh‘, du Frucht des Bösen,
Geh‘ die ersten Schritte selbst.
Sollst die Rätsel selber lösen,
Die du dir vor Augen hältst.

Kannst es nicht? Dir fehlt die Frage,
Die aus dir den Weg gebiert.
Was du selbst dir gibst, das trage
Dass es dich als Krone ziert.

Was aus Leiden und Fragen den Wanderer führt,
Was die Seele in Schmerzen zerreißt,
Die Herzen füllt mit erwollten Plagen –

Das öffnet die Wege, die es dir weist.
Die Wege zu selbst gelebten Tagen:
Das Neue, wie es dem Weisen gebührt.

Der Krüppel

Nur mit Mühe und Schmerzen den Steilpfad empor
Ohne Ziel kriecht zu Berg, der sich selber verlor,
Kann nicht stehen, nicht gehen, nicht leben, nicht sterben.
Doch ist er es, der einstmals den Himmel soll erben.

Kein Gesang, kein verständliches Wort kann die Kehle
verlassen und dringen von Seele zu Seele.
In Verwirrung und ohne ein leitendes Ziel
Durch das Leben sich quälend ist alles zu viel.

Doch ihn treibt unbesiegbare Kraft.
Was er will, kann niemals geschehen.
Er lässt es nicht los, trägt es durch in den Tod.

Sein Blick erschaut, was noch niemand gesehen.
Er kann es fassen, in höchster Not.
Wohl dem, der den Krüppel in sich erschafft.

Was uns bleibt

Was uns bleibt, ist die Mitte, die alles trägt.
Was noch niemand sah, keiner kann oder will,
und doch täglich lebt, ohne Sinn und Ziel,
Aus dem Quell, der alle Taten wägt.

Niemals quellen wilde Taten
Ohne Sinn aus tiefem Schlund.
Immer kannst du selber raten
Was dir zukommt aus dem Grund.

Trage, was weise,
Denke es gut,
Fühle es wesen,
in dir, in mir.

Wer ist es denn, den du fühlst, denkst, trägst?
Schaffst du ihn selber – wer ist sein Gott?
Wer ist sein Herz, sein Leib, sein Geist?
Selbstsein, im Denken, im Fühlen, im Tun?

Im Leiden
Im Tragen
Erstehe.

© Stefan Carl em Huisken 2020

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