Kunst, Kultur und Kommerz – ein paar Anmerkungen
Kultur heute
Als „Kultur“ wird in der Regel die Gesamtheit der Äußerungen des menschlichen Geistes bezeichnet; Näheres dazu habe ich gerade in einem Artikel zur Friesischen Kultur heute dargelegt. Nun gibt es aber ja auch das vertrackte Problem, das dadurch entsteht, dass Kultur heutzutage nicht als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung von Mensch und Welt angesehen wird – dann wäre es schon aus ganz egoistischen Gründen der Menschen völlig klar, dass jede Kulturäußerung ermöglicht werden muss, indem die Kulturschaffenden Menschen aus freien Stücken von allen anderen das nötige Einkommen erhalten, um ihre Tätigkeit ausführen zu können. Nein, heutzutage ist ja Kultur entweder überflüssig und kann weg, oder sie ist in völlig kommerzialisierter Form Gegenstand der Profitjagd der damit befaßten Menschen.
Nun muss eines klar sein: selbstverständlich ist auch der völlig kommerzialisierte Kulturbusiness eine Äußerung des menschlichen Geistes und damit Kultur. Allerdings eine, die nicht auf die Weiterentwicklung von Mensch und Welt zielt, sondern auf die Weiterentwicklung der Einnahmen der kommerziellen Nutzer der Kulturinhalte. Also ist dies eine Kultur, die letztlich ihre eigenen Grundlagen (schöpferisches Tun der Menschen um Neues zu schaffen und wahrheitgemäße Erkenntnisse zu erringen) mehr oder weniger in Frage stellt bzw. zerstört. Denn profitabel ist ja in der Regel nicht das Neue, Unerhörte, manchmal aber auch völlig Unspektakuläre, sondern das, was dem Drang der Menschen, sich bespielen zu lassen, Rechnung trägt.
Das Problem ist zur Genüge bekannt – jeder Künstler weiß davon bestens zu berichten.
Die Existenzfrage
Wie aber nun einen Ausweg finden? Denn es ist ja natürlich auch klar: man kann erstens niemandem vorschreiben, für was für eine Kultur er sich zu interessieren hat (außer durch verdeckte oder offene Manipulation zur Maximierung eigenen Profits, aber das ist dann eine Herabwürdigung der Manipulationsobjekte, sprich Kulturnutzer), un zweitens müssen ja die Leute, die das alles organisieren, auch von etwas leben. Und da es keinerlei Einrichtungen gibt in unserer Gesellschaft, die das Schaffen neuer Kulturinhalte durch freie und freilassende Alimentierung der Kulturarbeiter sicherstellen, sind sie eben gezwungen, was sie tun, als gewöhnliche Ware zum Verkauf zu stellen. Und wenn dann das Beharrungsvermögen der Masse eben einen fähigen Künstler verhungern läßt – Pech gehabt.
Kann der Staat das?
Da gibt es dann die Leute, die meinen, dass diese Aufgabe der Staat zu übernehmen habe. Hat er ja in der Vergangenheit auch eine ganze Zeitlang getan, inzwischen aber immer mehr abnehmend. Dass die Förderung abnimmt, ist eigentlich auch verständlich. Denn der Staat muss als Gemeinschaftseinrichtung der Rechtspflege und gemeinsamen Sicherheit der in einer bestimmten Weltgegend lebenden Menschen immer darauf achten, dass er sich nur mit den Dingen befasst, die auch zu seinen unverzichtbaren Aufgaben gehören. Insofern mag es angehen, dass er die Mittel bereitstellt, den derzeitigen gesellschaftlichen Zustand aufrecht zu erhalten. Aber staatliche Stellen können ja nicht beurteilen, was nun wirklich förderliches, vorandrängendes Kulturschaffen ist, und was Kommerz. Denn der dürfte natürlich nicht gefördert werden, der muss selber sehen, wie er überlebt. Wo dann der Staat diese Aufgabe doch übernommen hat, ist er auch regelmäßig in die Kritik geraten wegen „ideologischer Aufsicht“ etc. pp. Die Presse hat ebenso wie die Kunst eben wirklich frei zu sein. Blickt man auf die ungeheuren kulturellen Zerstörungen, die eine bestimmte Ansicht von „Kultur“ als Staatsräson bewirkt hat (und noch bewirkt), kann man also den Weg der staatlichen Förderung nicht wirklich befürworten.
Natürlich, dann versucht man diese und jene Konstruktion von Proporzkommissionen und dergleichen. Ich sage es gleich: davon halte ich rein gar nichts. Denn diese Kommissionen werden dann auf krummen Wegen von Profitjägern okkupiert, siehe oben. Wer sich umschaut in unserem Lande, wird es auch unschwer erkennen können.
Ja, aber wie dann? Da wird wohl das dabei herauskommen, was praktisch sehr viele Kulturschaffende machen: sie haben einen „Brotjob“ und machen die Kultur als Hobby. Entsprechend ist sie dann auch angesehen, und – glücklicherweise, das läßt die Gewissen sehr schön ruhig! – braucht man dann auch nicht darüber nachdenken, den Künstlern eventuell finanzielle Mittel in Form von Eintritten, freiwilligen Spenden (so eine Art Massen-Mäzenatentum oder dergleichen) zukommen zu lassen. Nein, man kann von ihnen etwas fordern: meine Bedürfnisse muss der Künstler bitte befriedigen, dann geben ich ihm auch was. Es hat schließlich alles seinen Preis …
Da müssen wir schon selber ran
Es wird wohl kein Weg darum herum gehen, dass nach und nach ein Umdenken einsetzt. Ich denke auch, dass das unausweichlich werden wird. Wir sehen es doch: der aktuelle Wissenschafts-, Kunst-, Religions- und überhaupt generell Kulturbetrieb leistet einfach nicht mehr, was er leisten müsste. Die Wissenschaft ist käuflich geworden, in weiten Teilen nur noch MIttel zur Begründung vorgefasster Meinungen in der Öffentlichkeit zum Zwecke der Gewinnung von (zahlenden) Anhängern. Die Kunst – naja, das habe ich ja gerade ausführlicher geschildert. Und die Religion? Ich will gar nicht darüber rechten, ob und in welcher Form Religion sinnvoll oder wünschenswert ist. Ich beobachte nur: die religiösen Einrichtungen werden immer mehr Dienstleister im Sozialen (da brauchen sich ja dann alle anderen nicht mehr drum zu kümmern …), der ja dann auch meistens „kostenlos“ ist (es gibt keine Tätigkeit, die keine Kosten verursacht, nur unterschiedliche Verteilungen der Zahlungstätigkeiten), und für das andere verlieren sie immer mehr Mitglieder. Es sei denn, sie sind in der Lage, die ihnen zugeordneten Menschen derartig zu manipulieren, dass sie eher fanatisch werden. Es mag hier sicherlich Ausnahmen geben, aber das Gros schaut aus meiner Sicht so aus: die „Religionen“ verlieren Bedeutung, jedenfalls wenn es um ihre eigentlichen Anliegen geht.
Religion?
Dabei ist doch gerade das „re-ligio“, die „Wieder-Verbindung“ mit dem schaffenden Geist das A und O, wenn der Mensch nicht einfach auf der derzeitigen Stufe stehenbleiben will – und Stillstand ist Rückschritt. Also bleibt doch nur der Weg, nach und Nach das Umdenken zu fördern, das Umdenken auch an der Stelle, wo die Frage nach dem Verantwortlichen für den Menschen- und Weltenfortschritt gestellt wird. Wer Religion so auffasst, dass er sich sagt: „Für die Weiterentwicklung ist Gott/Allah/etc. pp. zuständig, ich kann das ja sowieso nicht, dazu bin ich viel zu dumm/unwissend etc. pp.“, der verkennt aus meiner Sicht, was Religion für ihn selber bedeuten könnte. Es mag ja sein, dass man jetzt noch zu unfähig ist dazu. Aber man kann doch auch eines tun: sich selber entwickeln!
Und dann wird die Sache sicherlich interessant. Dann geht es auch gleich um Verantwortung, um Freiheit, und alle die schönen Dinge (siehe o.a. Artikel zur Friesischen Kultur, oder Stichwort „Freiheit“). Dann fängt nämlich das echte Leben wieder an, und all die Einredungen, es müsse immer alles sicher und vorhersehbar sein, die hören auf. Und wer das bemerkt, könnte ja auch plötzlich Interesse bekommen, mal etwas andere Kulturinhalte zu nutzen als die, die er sowieso schon kennt. Die könnten dann nämlich Mittel zur eigenen Entwicklung werden.
Es geht nur – frei
Um es gleich noch einmal ganz klar zu sagen: ich rede hier nicht von „man sollte“, „man könnte“. Niemand soll etwas, jedenfalls nicht, weil ich es sage. Der Mensch kommt nämlich zur Freiheit nur – frei. Ich zeige nur auf, was aus meiner Sicht möglich wäre, und hoffe, dass es Menschen gibt, die sich mit meinen Darlegungen auch befassen und vielleicht Entwicklungs-Gewinn daraus ziehen. Und dann kommen sie schon selber darauf, was sie tun wollen, ganz unabhängig von dem, was man ihnen einredet als ganz unbedingt zu Wollendes.
Und dann, ja dann ist auch ein bisschen Kommerz in der Kultur gar kein Problem mehr. Es steht doch schließlich jedem frei, dieses oder jenes kulturell zu bevorzugen, oder? Nur gebe ich eben hier die Folgen dieser oder jener Entscheidung zu bedenken. Das tue ich frei – keiner hats mir eingeredet. Auch keine irgendwie göttlich-allwissende „Wissenschaft“. Ich habe einfach mich als Mensch betragen und gedacht. Dagegen ist doch nichts einzuwenden, oder? Kann doch jeder andere auch tun. Und dann überbieten wir uns im Weiterdenken, Erkennen, Umgestalten und Verschönern der Welt. Das wäre doch was, oder?