Seben Seebär – Leseprobe

Und diese anderen Zeiten sollten auch bald kom­men. Schneller als ge­dacht wuchs Seben soweit her­an, dass er selber die Welt, in die er gekom­men war, erfor­schen konn­te. Ein Fischer an Bord muss sich ja um Wind und Wetter und die Netze kümmern, und kann darum selbstverständ­lich einen eigenwilligen Kerl wie Seben nicht in jedem Au­genblick unter Kon­trolle ha­ben. Eilt Poppens Versuche, den Kleinen durch Ab­sperrun­gen für die Zeit der Fangfahrt in der Kajüte zu halten, erwiesen sich schnell als zwecklos. Das mark­erschüt­ternde wüten­de Gebrüll aus Sebens Mund war nicht lange zu ertragen, außerdem zeigte sich bald, dass man es hier mit einem außer­gewöhnlich kräftigen Kerl zu tun hatte, der nicht lan­ge fackel­te, wenn ihm etwas im Wege stand. Der gewandte Kletterer über­stieg man­che Absperrung in kürzester Zeit, und etwa­ige Hinder­nisse aus Fischern­etz überstanden das Rei­ßen und Rüt­teln der Kin­derhände regelmä­ßig nur kur­ze Zeit. So war es bald unver­meidlich, dass Seben, den sie spä­ter den Seebär nannten, schon in ungewöhnlich zartem Alter das Fischer­boot aus­führ­lich erkundete. Auf See, ver­steht sich, und bei jedem Wetter. Gerade bei Wind und Seegang war Eilt Poppen von seiner Fischerar­beit so in Anspruch genommen, dass für die Kinderbeaufsichtig­ung nicht viel Zeit und Kraft übrig blieb. Zwar hatte sich der Fischer allerlei einfallen las­sen, was auf den kleinen Fischerbooten mindestens für unge­wöhnlich gelten musste – wer hatte denn schon eine komplette Reling mit Netz­bespannung ums Deck, so etwas hindert doch bloß beim Auswerfen und Ein­holen der Net­ze? Die Hand­griffe hier und da an Deck, wozu waren die nötig, wenn ein Fischer doch beide Hände ständig für seine Ar­beit braucht? Außerdem erwiesen sich alle die­se In­stalla­tionen sehr schnell als wenig tauglich: der kleine Seben turnte bald wie ein Affe im Baum an Schoten, Fallen, Gaffeln und Spieren herum, dass einem Hö­ren und Se­hen vergehen konn­te. Hätte Eilt Poppen nicht der Satz des Wickwiefs in den Ohren geklun­gen: „Die Mächte sind dem Kleinen gewogen!“, er hätte schier verrückt werden müs­sen. So aber gewöhnte er sich bald an die wag­halsigen Aus­flü­ge seines Sohnes, und bald verschwand manche hin­der­liche „Schutzvor­rich­tung“ wieder von Deck. So sah das Fischer­boot ja auch wieder schick­licher aus.

Die Dorfbewohner von Endersiel beobachteten die Ent­wicklung ge­nauestens. In so einem Fall darf einem ja schließlich nichts entgehen. Und was man gleich ge­ahnt hatte, wurde ihnen nun eine sicher fest­stehende Tatsache: der Fischersohn Seben Eilts hatte einen be­sonderen Pakt mit den Unsichtbaren gleich bei seiner Geburt mitgebracht. Man konnte schließ­lich eins und eins zusammenzählen. Und wie es eben so ist mit dem Unbegreiflichen, rührt es immer eine dumpfe Furcht in den Menschen auf, eine Furcht, die sie selber als solche oft gar nicht bemerken, die sie aber doch dazu bringt, den richtigen Abstand zum Ge­schehen zu be­ach­ten. „De kann mehr as blot Brood eten!“ hieß es schon bald in Bezug auf Seben Eilts, den sie später den Seebär nann­ten, und solche Leute sind ja natürlich nützlich, wenn man ihre besonderen Fähigkeiten braucht, an­sons­ten hält man sie aber besser auf genü­gendem Ab­stand.

So kam es, dass der kleine Seben bei seinen selte­nen Landaufenthalten nicht recht Spielkameraden fin­den konn­te – die Kinder waren immer ge­rade hier und da unab­kömmlich –, und auch der Fischer Eilt Poppen fand „vor­sichtshalber“ an Land nur noch we­nig An­sprache. Tauchte er doch einmal im Dorfkrug auf, so saß er meist allein an einem Tisch, und bald brachte er selbst bei die­sen Gele­genheiten Seben mit – man woll­te sich ja schließlich ir­gendwie die Zeit vertreiben, wenn schon sonst keiner wirk­lich mit ei­nem sprach.

Auf diese Weise wuchsen die beiden – der Vater und der Sohn – nach und nach zu einem unzertrenn­lichen Paar zusammen, das einer nicht unfreundli­chen, aber doch auf Abstand bedachten Dorfbevölke­rung sein ku­rioses Leben als ständigen Anlass für Gerede, Gerüchte und dunkle Ver­mutungen präsen­tierte. Der unbändige Freiheitssinn des kleinen Seben steckte selbst den eige­nen Vater an, so dass beide bald immer weniger Rück­sicht auf Schicklichkeit und über­lieferte Gewohnheit nahmen. Sie lebten einfach daher, wie es ihnen passte, manchmal fröhlich, manchmal auch mit einem etwas bitteren Spott – was ihnen wie­derum we­nig neue Freunde machen konn­te.

Die ungewöhnliche, weil so ganz außerordentlich frühe Fischerlehre des Seben Eilts gipfelte nun in ei­nem neuen Höhepunkt, der jedem, der noch Zweifel hatte, ganz end­gültig bewies, dass dieser Junge mit den Mäch­ten im Bunde war.

Wie es ihre Gewohnheit war, waren Vater und Sohn mit dem ablau­fenden Wasser zum Fang aufge­brochen. Es wa­ren die ersten Herbsttage, und ein kräftiger, et­was böiger Nordwest versprach un­sicheres Wetter. Während die bei­den sich dem Seegat zwischen den Eilanden nä­herten, frischte der Wind auf. Der kleine Seben mochte wohl drei­einhalb Jahre sein, und er turnte sicher an Deck umher, als sei er von Natur aus mit dem Boot, der See und dem Wind verwachsen. So sinnierte jedenfalls Eilt Poppen, wäh­rend er seinen Sohn auch ein wenig stolz beobachte­te.

Im Seegat stand ordentlich Seegang, das konnte man schon von Wei­tem sehen. Es hatte zuvor ein paar Tage hef­tig erst aus Südwest, dann von Westen gebla­sen, und die mächtig rollenden Wogen von See türm­ten sich, zwischen den Inseln in die Enge getrie­ben, zu gischtbe­krönten mäch­tigen Wellen. Man musste schon Acht ge­ben, wenn man da hindurch wollte. Aber Eilt Poppen kannte das: ein paar we­nige steile Seen musste man neh­men, dann war man hin­durch und auf gutem Weg zu den Fischgründen. Er segelte das Seegat daher mit gerefftem Großsegel und in voller Konzen­tration an. Seben stand derweil auf dem Vorschiff, die Hände am Vorstag, und sang aus voller Brust seinen ei­genen, ganz urtümlich-schwer­mütigen Gesang, zu dem sich das ja schon ganz be­sondere Säuglingsgeschrei inzwi­schen entwickelt hat­te. Seltsam – wenn der Junge so sang, über­kam den Vater immer ein Ruhe und Furcht­losig­keit, die ihm schon im ersten Schrei seines Soh­nes wie ein Licht­strahl erschienen war.

Das Boot stieg nun die erste dieser steilen Seen im Gat hinauf. Hätte Eilt Poppen achteraus geschaut, er hätte im hinter ihm liegenden Wellen­tal den aufge­wühlt­en Sand des Meeresbodens sehen können. Aber dazu hatte er gar keine Zeit – das Boot musste ge­nau im richtigen Winkel zu See­gang und Wind gehalten werden, wenn alles klar gehen sollte. Vorn stand Seben und sang aus Leibeskräften.

Auf dem Gipfel des Wellenbergs angekommen, neig­te sich der Bug, um krachend in die gischtende See zu schlagen und dem nächsten Wellen­tal entge­gen zu ra­sen. Der Bug des Bootes verschwand einen Augen­blick hinter schlagenden Segeln und schäu­mender See. Als er wieder auftauchte, um sofort dem nächsten zu bestei­genden Wel­lenberg entgegen zu ei­len, war das Vorschiff leer. Eilt Poppen konnte es nicht glauben, hörte er doch deutlich – viel lauter und deutlicher als zuvor – den brüllenden Ge­sang seines Sohnes, dessen Klang sich mit dem Rauschen und Schlagen von Wind und Wellen zu einer abenteuerli­chen Symphonie ver­band.

Ehe Eilt überhaupt recht zur Besinnung kommen konn­te, nahm ihn die nächste Woge in Beschlag. Wie­der stieg das Boot gleichsam dem von dunklen Wolken ver­hangenen Himmel entgegen, wieder hing der Bug oben auf dem Gip­fel einen Augenblick in der Luft, ehe er kra­chend in den hinteren Abhang der Woge fiel, um dem Wellental entge­gen zu schießen. Und wieder ver­schwand auch ein guter Teil des Vor­schiffes in schäu­mender Gischt. Als es wieder auf­tauchte, konnte Eilt Poppen mit ungläubi­gem Stau­nen beobachten, wie eine kleinere, nachfolgende Welle seinen Sohn an Bord hob und sanft vor dem Mast absetzte – einen la­chenden Seben, für den das Ganze wohl mehr ein lus­ti­ges Spiel gewesen zu sein schien. Jedenfalls sang er jetzt umso kräftiger seinen Ruf der schäumenden See entgegen, und ein auf­merksamer Zuhörer konnte fast meinen, dass Wind und See ihm jetzt antworteten.

So kam es, dass auch der allerletzte Zweifel an Sebens Pakt mit den Unsichtbaren beseitigt war.

Die ganze Geschichte finden Sie in dem Buch „Geschichten vom Weltenrand“. Bestellen Sie es =>hier. Dort finden Sie auch Em Huiskens CD „Güntsied“, auf der das zur Geschichte gehörende Lied „Seben Seebär“ enthalten ist.




Geschichten vom Weltenrand – Lesungen

Lesungen im Dezember

Im Dezember – noch „rechtzeitig“ vor Weihnachten – bin ich erstmals unterwegs, um mein Buch vor zu stellen. Einige schöne, passende Orte konnten gefunden werden für meine „musikalischen Lesungen“. Die Termine findet man ja komplett auf der =>Terminseite.

Den Anfang habe ich ja schon gemacht, im Leezder Kulturforum, einer Einrichtung, mit der ich ja seit ihrer Eröffnung verbunden bin: damals durfte ich dort mit einem kleinen Konzert zur Eröffnung beitragen.

Leezder Kulturforum, 4.12.2016

Die Vorsitzende des Forums schrieb dazu einen sehr netten Kommentar.

Schleswig-Holstein

Mit der Insel Nordstrand in Nordfriesland ist das Buch ja durch seinen Verlag eng verbunden. Da liegt es natürlich nahe, an der „Quelle“ sozusagen aufzutreten. Das wird am kommenden Samstag sein, und zwar in der =>Teestuv auf Nordstrand, die auch sehr mit dem Bücherwesen verbunden ist.

Noch davor, am kommenden Samstag, bin ich in Bad Segeberg. Dort hatte =>Hardy Pundt, mit dem ich ja schon öfter zusammen gearbeitet habe, ein bisschen mitgeholfen, dass etwas zustande kommt. Die =>Teestube Blattlese und die damit verbundene Buchhandlung Wortwerke sind ganz sicher ein passender Ort, finde ich. Ich freue mich drauf!

Und dann kommt noch das „Special“: wie schon öfter kurz vor Weihnachten im =>“Fliegenden Holländer“ in Ditzum. Da bin ich dieses Mal besonders gerne, schließlich sind meine Kindheitserlebnisse in Ditzum unter anderem in eine der Geschichten im Buch eingeflossen, in die Atmosphäre und die Schilderungen der Schauplätze. Da ist das Lesen noch wieder etwas Besonderes ….

Insgesamt also: Weitersagen, hinkommen, oder wenn alle Stricke reißen vielleicht =>hier ein passendes Weihnachtsgeschenk ordern ….

Ich wünsche auch weiterhin ein besinnliche Adventszeit!




Geschichten vom Weltenrand – Buch erschienen

Umschlag "Geschichten vom Weltenrand"Das angekündigte Buch „Geschichten vom Weltenrand“ ist ab sofort in jeder deutschen Buchhandlung (ggf. Bestellung direkt beim Verlag) sowie über Amazon erhältlich – oder =>hier bei mir im Shop.

 

Das Buch

Der „Weltenrand“ – das ist die Grenze unserer Alltagswelt, in welcher wir wissen, wo oben und unten ist, wo das Jetzt ist und das Gleich anfängt. Dahinter ist die Weite der See, oder die Welt unserer Träume, oder das Land hinter dem Nordwind, ein Land jedenfalls, in dem es Mächte gibt, die wir uns nicht so einfach erklären können. Am Weltenrand begegnet man diesen Dingen und Wesen manchmal. Dann kann man davon erzählen, was sich zugetragen hat und wie es einem dabei ergangen ist.
Vier solche Geschichten finden sich in diesem Buch.

Der Autor

Stefan Carl em Huisken wuchs in ei­ner Künstler­familie auf, in der Singen, Geschichtenerzählen und Schrei­ben zum All­tag gehörten. Seinen eigenen Er­zählstil bil­dete er in der lang­jährigen Beschäfti­gung mit dem Werk Martin Luserkes (1880-1968) heran. Von Luserke hat er auch die Gewohnheit übernom­men, seine Ge­schich­ten erst mehr­fach frei zu erzählen, bevor er sie dem Papier anvertraut.
Seit seinem 10. Lebens­jahr macht er Musik, angeregt durch die Begeg­­nung mit einem begnadeten Musiker auf einer klei­nen ostfriesischen Insel. Aus dieser Zeit stammt auch sein erstes Gedicht. Er lebt seit mehr als 25 Jahren in Norden/Ostfriesland. Seit 2010 führen ihn regel­mäßige Touren als Liedersänger, Musiker und Erzähler durch Nord- und Mitteldeutschland und das nahe Ausland.

ISBN 978-3-944854-33-5
M.-G.-Schmitz-Verlag
Nordstrand/Nordsee
9,80 €

Leseproben gibt es =>hier.




Verlag gefunden – Geschichten vom Weltenrand

Geschichten vom Weltenrand

Am Weltenrand ist man schon ein bisschen, hier in Norden/Ostfriesland, wo man erst eine Stunde lang nach Deutschland fährt, bevor man sich dann überlegen kann, wo man eigentlich hin will. Aber wo sonst sollte man auch „Geschichten vom Weltenrand“ schreiben?

Verlag

Seit gut einem Jahr war ich auf der Suche nach einem „passenden“ Verlag für meine „Märchenhaften Erzählungen“, und jetzt ist es soweit. Er ist ähnlich nahe am Weltenrand wie Norden, so viel sei schon einmal verraten.
Ich hatte eigentlich ganz woanders angefragt. Dort passten meine Geschichten allerdings nicht wirklich ins Programm, aber der Verleger ist ein erfahrener und bewanderter Mann: er gab mir den Tipp, der jetzt zur Veröffentlichung führen wird.Umschlag

Hier schon mal vorab die Titelseite, wie sie aussehen wird:

 

Mehr dann demnächst, wenn alles gänzlich in trockenen Tüchern ist.




Em Huisken – Salzküstenfolk und Geschichten im Sagenton

Salzküstenfolk

Cafe_de_Fiets

Em Huisken im Café de Fiets in Bremerhaven

Musik der nordischen Küsten, der rauen Winde und der Weite: das ist Em Huisken’s Salzküstenfolk. Wie die ur­tümliche friesi­sche Musik geklungen haben mag, weiß heute nie­mand mehr. Em Huisken sucht nach diesem Klang, und läßt sich dabei von keltischer Musik aus der Bre­tagne, Schottland, Irland, Wales, Cornwall usw. inspi­rieren. Der Multiinstrumentalist (Gitarre, Ak­kordeon, Gesang, Bombar­de, Loopmachine u.a.) entwirft ein ungewöhnliches Klangbild, mit neuen, meist eigenen Texten in niederdeutscher und manchmal englischer Sprache. Ab und zu spielt er auch zum Tanz auf: dann gibt es bretonische Fest-noz-Tänze und Balfolk, auch mit Tanzanleitung.

Geschichten im Sagenton

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Em Huisken beim Geschichtenerzählen am Schweriner See

Wirklich wahr ist ganz sicher nur, was man selbst erlebt hat. Kann man also intensiv miterle­ben, was ein Erzähler sagt, werden seine Geschichten im Zuhörer wahr. Das ist der Kern jeder Sage.
Em Huisken erzählt seine Geschichten – oft mit märchenhaft-mythischem Inhalt – frei vor unterschiedlichem Publi­kum, bevor sie dem Papier anvertraut wer­den. So haben sie ihren besonderen Reiz – Geschichten, erzählt im Sagenton.

Stefan Carl em Huisken (*1954, Studium Informatik, Pädagogik, Lehramt Technik, Deutsch, Musik, Niederländisch, berufsbe­gleitend Sprachgestaltung, Schauspiel, diverse Musikinstru­mente) wuchs in einer Künstlerfamilie auf, in der Singen, Ge­schichtenerzählen und Schreiben zum All­tag gehörte. Musik macht er seit seinem 10. Lebens­jahr, angeregt durch die Begeg­nung mit einem be­gnadeten Musiker auf einer klei­nen ostfriesischen Insel. Aus dieser Zeit stammt auch sein erstes Gedicht. Er lernte zunächst Akkordeon, später Gitarre und weitere Instrumente. Der Liedersänger, Musiker, Autor und Erzähler lebt seit mehr als 25 Jahren in Norden in Ostfriesland. Seit 2010 führen ihn regelmäßige Touren durch Nord- und Mitteldeutschland und das nahe Ausland.

Veröffentlichungen:
=> CD „jank frison“ (2012)
=> Märchenhafte Geschichten (2012, ausverkauft)
=> CD „Güntsied/Jenseits“ (2015)
=> Rungards Rose – eine zauberhafte Geschichte (2015)
=> Geschichten vom Weltenrand (2016)

=> Janko van’t Holt – Eine Parabel zur Rettung der Welt (2019)
=> CD Fräiske Soang (Duo jank frison, 2020)
=> Rantschilwis Weg – Erzählungen aus atlantischer Zeit (2020)
=> Wahnsinn und Denken. Der Kampf um den Menschen (2021)
=> diverse Gedichte, Kommentare, Abhandlungen im Internet




Rungards Rose – Leseprobe

eine zauberhafte Geschichte von Carl em Huisken

Weit entfernt von allen Ländern, die wir gewöhnlich zu unserer Welt zu zählen gewohnt sind, vor Urzeiten und doch so vertraut, dass man meinen könnte, es sei vorgestern gewesen, an einem Ort, von dem nie­mand wusste, und an dem jedermann doch schon einmal gewesen zu sein schien, kurzum: an einem unbekannten Ort mitten unter uns wuchs Rungard auf, vielleicht eine Königstochter, jedenfalls in einem Schloss, umgeben von herrlichen Gärten, deren schönster der Rosengarten war, den Rungard besonders liebte. In der Mitte dieses Gartens wuchs eine Rose, größer und schöner als alle anderen umher, eine Rose, deren An­blick niemand je vergessen konnte, der sie einmal besucht hatte. Die Nähe dieser Rose liebte Rungard besonders, und jeden Tag sah man sie entwe­der verträumt in den Anblick versunken oder geschäftig hier und da etwas herrichten, damit es der Rose auch gut ergehe.

Frei und ungebunden verlebte Rungard hier ihre Kinderzeit, umge­ben von den zahlreichen überaus freundlichen Bedienten ihrer Eltern, unter deren aufmerksamer Obhut sie schön und kräftig heran­wuchs. Eine einzige Regel hatte sie zu beherzigen: einen einsamen Bergpfad durfte sie nicht betreten. Dort sei oft ein einsamer Wanderer anzutreffen, hatte man ihr erklärt, und der habe ein besonderes Buch. Wenn Rungard ihm begeg­nete und in sein Buch schaute, sollte ihr wunderbares Leben im Schloss vorbei sein. „Darum warte, bis es Zeit ist!“ hatten ihre Eltern sie ermahnt. Nun, warum sollte sie dies Gebot missachten? Es gab gar keinen Grund, so viele wunderbare Erlebnisse warteten auf Rungard in Schloss und Garten, dass sie gar nicht auf die Idee kam, den Weg zu betreten. Leicht fiel ihr die Beachtung dieser Regel, wenn sie überhaupt hin und wieder daran dachte. Der Bergpfad war für Rungard eigentlich gar nicht vorhan­den, so schien es.

Eines Tages ging Rungard ganz nach ihrer Gewohnheit in den herr­lichen Ländereien spazieren, und als sie an der Einmündung des verbotenen Weges vorbeikam, mied sie ihn folgsam. Rund um den Fuß des Berges lief sie, folgte Bienen, Schmetterlingen und kleinen Vögeln und vergnügte sich mit ihnen. Ein besonders großer, rotbunter Schmetterling hatte es ihr am meisten angetan, und sie folgte ihm hierhin und dorthin, konnte sich gar nicht satt sehen an den Ornamenten seiner Flügel­zeich­nung und vergaß dabei alles andere um sich her. Immer weiter und weiter lockte der Schmetterling sie, und unversehens fand sie sich auf einem steinigen Pfad am Berg wieder, den sie noch nie gesehen hatte. Sie erschrak so sehr, dass ihre gerade noch vor Begeisterung geröteten Wangen plötz­lich ganz blass wurden. Sie kehrte sofort um und suchte den Weg zurück, dorthin, wo sie hergekommen war.

Nur wenige Schritte war sie gegangen, da erblickte sie vor sich einen gebeugten Mann auf einem Felsblock sitzen, Rungard den Rücken zu­kehrend, der versunken vor sich hin schaute und Rungard nicht zu bemer­ken schien. Leise trat sie an den Mann heran. Als sie über seine Schulter blickte, sah sie das aufgeschlagene Buch in seinen Händen. Bilder waren in diesem Buch, von atemberaubender Schönheit, wie Rungard sie noch nie erlebt hatte; als der Mann umblätterte, Blatt für Blatt, erschienen grausige Häßlichkeiten im Wechsel mit erhabener Schönheit, so das Rungard meinte, es müsse ihr das Herz zerreißen. Auch wenn ihr fast die Kraft ver­ging, sie konnte sich nicht losreißen von diesen Bildern. Erst als der Mann das Buch zuschlug, kehrte sie in ihre Welt zurück. Sie hatte sich unbe­merkt geglaubt, der Mann stand jedoch auf, sah sie mit weise leuch­tenden Augen an und sagte: „Du hast fürs Erste genug gesehen. Achte, dass du das Rechte tust!“ Damit drehte er sich um und schritt den steilen, steini­gen Pfad hinab, und ehe Rungard so recht wieder zu sich gekommen war, verlor sie ihn aus den Augen. Vielleicht war er um eine Ecke des Berges gebogen, vielleicht im Wald verschwunden, der seinen Rand bis in die Nähe des Bergpfades geschoben hatte. So konnte Rungard den Fremden nichts mehr fragen und ihm auch nicht folgen. Verwirrt und erschüttert eilte sie den Berg hinab, und fand sich bald auch in bekann­teren Gefilden wieder.

Zu Hause angekommen, konnte sie sich kein Herz fassen, von ihren Erlebnissen zu erzählen. Aber sie war stiller geworden, nachdenklicher, manchmal grüblerisch. Immer suchte sie zu verstehen, was ihr da gesche­hen war. Nicht lang dauerte es, bis ihre Eltern die Veränderung ihrer Tochter bemerkten. Milde wie immer, aber nachdrücklich und ein wenig sorgenvoll drangen sie auf Rungard ein, bis sie ihr Herz ausschüttete und alles erzählte, was ihr widerfahren war. „So früh? Aber es muss sein!“ sprachen die Eltern, und für den nächsten Tag wurde ihr eine große Veränderung in ihrem Leben angekündigt.

Am nächsten Morgen, nach einer durchwachten Nacht, fand sie vor dem Schloss einen gepackten Wagen vor, mit allem, was ihr nötig sein könnte. Ihre Eltern erklärten ihr, dass sie von nun an aus dem Land, dem Schloß und den schönen Gärten verbannt sei und mit dem Wagen in ein fernes, fremdes Land ziehen müsse. Nur der liebe, aber strenge alte Hof­marschall sollte sie begleiten, um ihr mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Bitterliche Tränen weinte Rungard, aber es half nichts: die Eltern blieben bei ihrem Entschluss.

Bevor die Reise nun losging, überreichte ihr der Vater die wunderbare Rose aus der Mitte des Gartens, die sorgsam ausgegraben und in einen großen Kübel verpflanzt worden war. „Pflege sie gut, so wird sie dir helfen zu ihrer Zeit!“ ermahnte er die Tochter. Und die Mutter ergänzte: „Wo du auch bist, vergiss die Rose nie, und berichte überall von ihrer Schönheit, und verzage nie dabei. Sieh, dass du bei Zeiten den Garten richtest, damit die Rose ihren Ort hat und auch den anderen Menschen zu sehen sein kann!“ – „Das will ich alles beher­zigen!“ versprach Rungard, und ergab sich in ihr Schicksal. Die Reise konnte beginnen.

 

Die ganze Geschichte finden Sie in dem Buch „Geschichten vom Weltenrand“. Bestellen Sie es =>hier.




Jabbo von Hugsand – Leseprobe

Das Watt ist eine seltsame Gegend, durchzogen von Prie­len, die zwischen den Sänden und Schlickbänken fast täg­lich ihre Lage verändern, so dass nur der Kundige im­mer weiß, welchen Weg er nehmen muss, um wohlbe­halten sein Ziel zu erreichen. Auch die Sandinseln, die mehr oder weni­ger weit vom Fuß des mächtigen Fest­landsdeiches entfernt irgendwo im Gewirr der Sandbän­ke und Priele liegen, zie­hen mit dem Drang des Stromes und des ewigen Westwin­des an der Küste entlang, lang­sam zwar, aber doch merk­lich. So war es jedenfalls Jahrtausende lang, bis der Mensch sich entschloss, den Elementen die Stirn zu bieten und feste Wälle im Wes­ten der Inseln auf­zurichten, aus Stein und Teer, um den ewig heranstür­menden Wogen die Kraft zu brechen. Nur zu oft aber er­weisen sich See und Sturm als stärker, und immer auf­wendiger wird es, diese Wälle zu halten. Alle paar Jahre muss etwas getan werden; aber was sind Jahre, Jahrzehnte, ja selbst Jahrhun­derte im Verhält­nis zum ewig gleichen und doch immer neuen Atem der See? Die­ses riesige, erdumspannende Wesen kann war­ten, bis des Men­schen kurze Frist abgelaufen ist; dann wird es wie­der in seine Rechte eintreten – mit oder ohne den Men­schen, je nach­dem.

Auf den Inseln, die sich in einer langen Kette von Westen nach Osten erstrecken, lebte man daher immer in dem Be­wusstsein, mit der Insel mitziehen zu müssen, eines Tages das Haus abbre­chen oder aufgeben zu müs­sen, um weit im Osten des alten Wohnplat­zes ein neues Zuhause zu errich­ten. Bei den ärmlichen Hütten der Ei­länder war das natür­lich leichter getan als bei den heu­tigen Be­ton­komplexen, aber ein unsicheres Leben blieb es doch allzeit.

Auf allen Inseln lebte man so – außer auf Hugsand. Hug­sand lag weit vom Deichfuß entfernt, kaum noch in Sicht­weite, und vom Lande aus nur per Boot oder – zu ganz be­stimmten Zei­ten – durch eine gefahrvolle und kräftezehren­de Wattdurchquerung zu errei­chen, auf der auch noch ein tiefer Priel durchwatet werden musste. Mancher Unkundige hatte sich schon hoff­nungslos da­bei verirrt, bis das Wasser­volk von den Schlickbänken ihn zu sich holte. Auch die Fahrwasser nach Hugsand waren gewunden und an Gefah­ren reich, und so war es kein Wunder, dass sich außer den Inselfischern kaum einmal jemand auf die Reise machte.

Dass überhaupt Menschen auf diesem Eiland leb­ten, lag an ei­nem außergewöhnlichen Vorzug von Hug­sand: die In­sel machte den stetigen Zug von Westen nach Os­ten nicht mit. Weit im We­sten der In­sel, durch eine of­fene Schlickpla­te vom eigentlichen Dünenkern getrennt, erhob sich eine mächtig hohe Düne, die – der Teufel mochte wis­sen, warum – nie­mals Schaden litt, wenn wieder einmal eine Flut von Westen heran­stürmte, an­geführt von den weiß schäu­men­den Bran­dungsrössern. Es schien, als ob die Düne für das Wasservolk eine ver­botene Zone sei, an die es niemals zu rüh­ren wagte.

Diese Besonderheit kannten natürlich auch die Hug­sander; aber die Düne war ja weit genug von ih­rem Wohn­platz in einem Dü­nental im Herzen der In­sel ent­fernt, darum mochte es dort sein, wie es wollte, man musste ja nicht hin­gehen. Es reichte für das kärgliche In­sulanerdasein völlig aus, den Schutz die­ses scheinbar uneinnehm­baren Boll­werks zu genie­ßen und darum sei­ne Hütten größer und schöner bauen zu können als auf den anderen Eilan­den. Wenn er eini­ger­maßen leben kann, was küm­mert dann den Insel­fischer das Merk­würdige, Düwel noch mal? Kärg­lich und arbeitsreich war das Leben sowie­so, wie auf jeder In­sel, und da musste man schon auch auf seinen Vor­teil be­dacht sein, wenn es einigerma­ßen gehen sollte!

Durch den Umstand mit der großen Düne bedingt, hat­ten nun Generationen von Menschen weitgehend unge­stört von den Ele­menten das Dorf, seine Wege und Gär­ten, die Pflanzen und Tier­welt dort hegen und pfle­gen können. Unvergleichlich reicher als auf den ande­ren Ei­landen blüh­te und summte es daher in dem Dü­nental des Dorfes. Mühsame Arbeit hatte man­chen ein­stigen Sandfleck in fruchtbare Erde verwandelt, und so war das Leben auf Hugsand von Generation zu Genera­tion behaglicher geworden.

Aber wie es so ist, wenn der Mensch es zu bequem hat: er ver­gisst leicht, was zum Erhalt dieser günsti­gen Lage nö­tig ist. Und dass dies einmal ins Unglück führen könnte, das ging aus einer alten Sage hervor, die die Großmütter den Kindern immer wieder zu er­zählen pflegten. Darin war von einem mächtigen Ha­sen die Rede, der die große Düne be­wohnte und hüte­te. Was auch durch menschliche Fehlbar­keit auf Hug­sand verlo­ren ging, es gehörte unwei­gerlich ihm, dem Meister der Düne, die darum durch jede Untat ei­nes Hugsanders größer und mächtiger wurde. Kurzsichti­ge Figuren konnten da wohl auf den Gedanken verfal­len, man müs­se nur recht ordentlich sündigen, dann wür­de die Düne um so siche­rer vor dem Wasservolk schüt­zen. Aber wie wertvoll ist dann noch das Leben im Schutz eines sol­chen Bollwerkes? Unmöglich soll­te es je­denfalls sein, den Hasen zu finden, geschweige denn, ihn zu schießen. Aber das versuchte ohnehin niemand ernst­haft, hatte man doch genug Respekt vor dem Unheimli­chen, das wegen ihres beinahe wi­derna­türlichen Daseins von die­ser Düne aus­ging. Am besten – so sagte man sich auf Hugsand – man vergaß im Alltag einfach, dass es die Düne gab, dann konnte sie einen auch nicht beunruhi­gen und auf dumme Gedan­ken bringen.

Aber einmal – so erzählte die Sage – sollte es doch nö­tig wer­den, den Meister der Düne zu finden. Eine Sint­flut soll­te über das Eiland hereinbrechen, und nur ein kühner und dreister Insula­ner sollte das Dorf noch ret­ten können. Er musste sich dann trauen, dem un­geheu­ren Hasen gegen­überzutreten, und erst, wenn man vom Dorf aus die Sonne aus der Düne auf­steigen sehe, sei die Insel gerettet.

Das war natürlich klar, sagten die Insulaner, das sind Am­menmärchen. Denn wer hat schon jemals die Sonne im Westen aufgehen sehen, wo sie doch sonst, in der Osterzeit regelmäßig, hinter der Düne unter­ging? Am­menmärchen also, eines erwachse­nen Men­schen nicht würdig!

Die ganze Geschichte finden Sie in dem Buch „Geschichten vom Weltenrand“. Bestellen Sie es =>hier.




Burfjäll in der Stadt der tausend Gärten – Leseprobe

(…)

Nach einer unruhigen Nacht, in der er mehr­mals mit üblen Träumen erwacht war, machte sich ein un­ausgeschlafener Burfjäll mit den beiden Al­ten auf den Weg zum Ar­beitshaus. Erst führten ihn die beiden durch be­kannte Wege, bald aber ka­men sie in Stadt­viertel, die Burfjäll völlig unbe­kannt waren. Schließ­lich stiegen sie einen Berg hinauf; die steil an­stei­gende Straße wurde nach und nach kahler, und Burfjäll ahn­te, wohin der Weg führte: zu der einzigen Stelle der sonst so lieblichen Stadt der tausend Gär­ten, die ihm gleich unheimlich gewesen war. Oben, am gegen­über­liegen­den Hang nämlich war ihm ein Stadtteil aufge­fallen, der so ganz anders aussah als der Rest der Stadt. Kahl und grau lagen dort die Hal­len neben­einander, an denen nichts an die bunten und blüten­verzierten Häuser erin­nerte, von denen die Stadt sonst so voll war. Der Mund wurde Burfjäll troc­ken, ein Schauer lief ihm den Rücken hinab: da sollte er hin? Aber es gab kein Zurück. Bei einem scheuen Sei­ten­blick bemerkte er, wie die Frau ihn et­was be­sorgt an­sah, während der Alte still in sich hin­einlächelte.

Schließlich kamen sie bei einer der Hallen an, die sich nur durch ein großes Schild mit der Auf­schrift Arbeitshaus – Eingang von den anderen unter­schied. Ohne zu zögern tra­ten die beiden Al­ten ein, gefolgt von Burfjäll. Durch abgetre­tene Gänge kamen sie an eine Tür, deren Klinke so ab­gegriffen war, dass sie glänzte. Der Mann klopfte, und eine dröh­nende Stimme ant­wor­tete: „Herein!“ In dem Zimmer fan­den sie einen Herrn vor, der ebenso beweglich wie umfangreich war. Er saß zuerst in einem etwas spe­ckigen Büro­sessel hin­ter ei­nem alten Schreibtisch, er­hob sich dann aber, um Burf­jäll durchdringend zu mustern und den Alten dann an­zudröhnen: „So, das ist er also. Wann macht ihr euch wieder auf?“ – „Morgen, diesmal in die andere Rich­tung.“ antwor­tete der Alte. „Unsere letzte Reise im Übri­gen.“ fügte die Frau hinzu. „Gut!“ dröhn­te der Dicke, „dann wol­len wir mal.“ Er gab den beiden Alten die Hand, schlug dem Mann dabei auf die Schul­ter, dass er in die Knie ging, und tänzelte dann zu ei­ner anderen Tür, indem er Burfjäll hinter sich her­zog. Kaum hatte Burfjäll Zeit, sich von den bei­den lieben Al­ten zu ver­abschieden, da musste er sich eilen, um hinter dem Dicken herzu­kommen.

Der Weg führte durch ein schier endloses Laby­rinth von We­gen, Gängen, Treppen, Hallen, Kel­lern, Leitern und Ste­gen. Überall war Lärm; oft roch es nach Öl oder Feuer. Man sah Menschen, die an den riesigen Maschi­nen standen oder schwere Lasten schleppten. Die meis­ten sahen blass und schwach aus, ein Anblick, der Burf­jäll aus seiner Heimat ganz un­bekannt war. Jeder schien gänzlich von seiner Ar­beit mit Beschlag belegt; je­denfalls hörte Burfjäll während des ganzen endlo­sen Weges kein menschliches Ge­räusch au­ßer man­chem Seufzer, einem Prusten oder Stöhnen von schwer bela­denen Menschen und ab und zu den Erklä­rungen des Dic­ken, der sichtlich stolz er­läuterte, was hier und was dort ge­tan würde und wozu es gut sei.

Burfjäll taten die Menschen unendlich leid, die hier arbei­ten mussten. Ein dicker Kloß bildete sich in seiner Kehle, und ab und zu rollte eine Träne aus dem Auge, wenn er wieder jeman­den beson­ders hart schuf­ten sah. Erst nach und nach wurde ihm klar, dass auch er viel­leicht – nein, das konnte er nicht den­ken. Im­mer schwe­rer wurde es ihm, dem Dicken zu folgen, der unveränd­ert fröhlich plaudernd durch die Hallen eilte. Schließlich ka­men sie in eine zugige Hal­le, wohl ziem­lich am Ende des Arbeitshauses, in der es beson­ders dun­kel war. Schattenhafte Gestalten huschten auf und ab zwischen laut quietschenden und knirschenden Rä­dern und Stan­gen. „Hier ist es gleich!“ rief der Dicke fröhlich, und er schien nicht zu merken, wie Burfjäll das Herz fast ste­henblieb.

Ganz am Ende der Halle hing eine alte, schwere Bret­tertür etwas windschief in den Angeln. Ein ver­blasstes Holz­schild trug die Aufschrift Bitte klopfen! Der Dicke steu­erte auf die Tür zu, blieb davor stehen und klopfte zart gegen die Tür. Burf­jäll wunderte sich, dass die di­cken Finger so gefühlv­oll sein konn­ten. Geduldig wartete der Dicke, bis die Tür sich knarrend öff­nete. Burfjäll konnte nur erkennen, dass dahinter im Halbdunkel ein bärti­ger, uralt scheinen­der Mann mit funkelnden Au­gen stand. Er wechselte einige Wor­te mit dem Di­cken, die Burfjäll jedoch nicht verstand. Dann ver­abschiedete der Dicke sich aus­gesucht höflich und schob Burfjäll mit ei­nem Klaps durch die Tür. Alles ging so schnell, dass Burf­jäll erst wieder zu sich kam, als die Tür hinter ihm kra­chend zufiel.

 

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