Der künstliche Mensch – oder?

Anmerkungen zu einem Artikel von Wilfried Nelles1

In seinem Artikel mit dem Titel „Der künstliche Mensch“ im multipolar-Magazin geht der Autor auf Fragen ein, die sich sonst selten jemand veranlasst sieht, sie überhaupt zu stellen. Und er macht dabei deutlich, dass sehr, sehr viele Aspekte der weltgeschichtlichen Vorgänge der letzten zwei Jahre, die man bei einigermaßen realistischer Selbstbeurteilung nicht leicht (oder manchmal gar nicht) verstehen kann, von seinem in gewisser Hinsicht radikaleren Gesichtspunkt aus plötzlich erklärbar werden. Seiner Argumentation kann ich in weiten Teilen zustimmen, es ist auch gewissermaßen ein Genuss, in dem Wust der vermutenden, anklagenden, anpreisenden oder sonstwie dahinschlingernden Erklärungstexte zum Geschehen hier einen Artikel zu finden, der das Ziel von Anfang an im Auge hat, und daher sehr gut auf sich selber stehen kann.

Dennoch finde ich, dass der Autor an einer entscheidenden Stelle zu kurz gedacht hat. Seine Argumentation kann ich hier natürlich nicht adäquat „mal eben kurz“ referieren – es hat schon seinen Sinn, dass sein Artikel auch einen gewissen Umfang hat. Ich will daher nur auf einige wenige Punkte eingehen, die für meine Ergänzung wichtig sind.

1. Anlass

Eingangs schildert Nelles, wie er – angeregt durch das Auffinden einer Art Flugblatt bei seinem Bäcker, das den Psalm 912 wiedergab – darauf kommt, dass die heutige Erscheinungsform der sogenannten „Corona“-Krise alle Kennzeichen einer fehlgeleiteten Religiosität hat. Aus dem Psalm ergab sich für ihn: „Wer in Gott ruht, ist geschützt.“ Aber: „Unser heutiges Gebet ist ein anderes. Es richtet sich nicht an Gott, sondern an die Wissenschaft, im Fall Corona an die Impfung.“3. Ziel sei der Triumph über die Natur: „WIR besiegen den Tod, und zwar ganz im Diesseits.“4

Dann fasst Nelles noch kurz zusammen, dass ja dieser „Triumph“ eben nicht stattgefunden hat, dass die Versprechen der Wissenschaft Stück für Stück einkassiert werden mussten.

Die Darstellung ist treffend; hier bleibt von meiner Seite hinzuzufügen, dass dieses „Einkassieren“ ja mit der Berufung auf die „Wissenschaftlichkeit“ erfolgte, die eben ihre Ergebnisse revidieren muss, wenn neue Erkenntnisse hinzukommen. Dieses Argument fußt auf dem seit Kant ja fast unumstößlich geltenden „wissenschaftlichen Dogma“, dass eben – etwas lapidar ausgedrückt – die Wahrheit unerkennbar sei und daher der Mensch nur Theorien bilden und durch Experimentieren und Evaluieren bis zu einer gewissen Plausibilität vordringen könne. Darauf komme ich später zurück.

2. Worum es bei Corona geht

Im Kern – findet Nelles – geht es bei Corona wie bei vielen modernen Themen um die „Ersetzung des Menschen durch Maschinen – und zwar nicht nur, wie bisher, der menschlichen Muskelkraft, also des Körpers, sondern des Denkens, also des menschlichen Geistes.“5. Daraus entsteht eine Art „Heiliger Krieg“ um die „wahre“ Religion, der allerdings ein „unbewusster Krieg“6 bleibt. „Bei Corona handelt es sich um einen Gottesdienst.“7. Im Verlaufe dieses Krieges entstehen all die Verwerfungen, wie die Ausgrenzung Ungläubiger oder die „Pervertierung von Wissenschaft zum Dogma“8.

Der Abschnitt gipfelt in dem Satz: „Es geht darum, dass sich der moderne Mensch nicht mehr seiner Natur fügen, sondern sie seinem Willen unterwerfen will. Ich bestimme selbst, wer und was ich bin – das ist das moderne Credo.“9 Nelles verweist in diesem Zusammenhang auf Yuval Noah Hariri, der „den modernen Menschen daher »Homo Deus« [nennt], Gottmensch, weil er sich zum Schöpfer des Lebens machen will.“10

Der Argumentation kann ich weitgehend zustimmen. Ich merke hier aber an: die Sehnsucht des Menschen nach Freiheit, sein Freiheitsdrang, den er ja nun einmal auch hat, kann mit einer solchen Argumentation schnell abgewimmelt werden. Warum sollte der Mensch sich denn nicht zum Schöpfer des Lebens machen wollen, wenn er denn wüsste, wie Leben entsteht, und wirkliches Leben hervorbringen könnte, das mit dem schon vorhandenen zusammen schadlos bestehen kann – was ihm bis heute allerdings nicht einmal ansatzweise gelungen ist? Ich komme darauf zurück.

3. Den Menschen gegen die Natur immunisieren

Nelles stellt hier fest, dass der gesamte Prozess darauf abzielt, „mit technischen Mitteln einen Damm gegen die Natur zu errichten, darum, den Menschen gegen die Natur zu immunisieren. Nicht, dass dies allen oder auch nur den meisten Akteuren bewusst wäre – es ist der ganz überpersönliche Geist unserer Zeit, der hier am Werk ist. Er setzt sich ganz unbewusst durch, weil wir gar nicht mehr anders denken können.“11 Da sage ich nur: d’accord, genau das ist es! Wir können gar nicht mehr anders! Es geht darum, Krankheit, Leid und Tod zu überwinden, die eben auch Bestandteil der Natur sind, und das mit rein technologischem Denken

Nelles sieht darin den „finale[n] Countdown einer Geschichte, die schon im 8. Jahrhundert mit der Christianisierung der germanischen »Heiden« und der Auslöschung ihres mythischen Glaubens begann, sich in der Verfolgung von »Hexen« und Ketzern fortsetzte, dann mit der Aufklärung in ihr scheinbares Gegenteil umschlug und zunächst die moderne Wissenschaft und in ihrem Gefolge Technik und Industrie hervorbrachte.“12 Wiederum schön beschrieben!

Aber zwei Anmerkungen hätte ich doch: warum nennt er das Verhältnis der germanischen „Heiden“ mythischen Glauben? Könnte es nicht genauso gut sein, dass diese Germanen ein wirkliches spirituelles Wissen hatten, das in der Überlieferung für uns (unter anderem durch Kant aufgeklärte?) Geister nur eben wie ein bisschen kindlicher Aberglaube erscheinen muss? Und zum Zweiten: Das System der Priesterherrschaft, verbunden mit der Verfolgung Andersdenkender ist keineswegs eine Erfindung des sogenannten „Christentums“. Die Entstehung lässt sich viel eher im alten Ägypten oder Mesopotamien ansiedeln, wie Lewis Mumford in seinem monumentalen Werk „Mythos der Maschine“ breit dargelegt hat13. Das System ist also älter, viel älter.

Nelles Darlegungen zu diesem Abschnitt laufen auf einige sehr wichtige Sätze hinaus, die ich deswegen hier im Zusammenhang zitiere: „Auch dem Buddha ging es um die Frage, wie Krankheit, Leid und Tod überwunden werden können. Buddhas Antwort lautet, dass man erkennen müsse, dass das »Ich«, das sich mit dem menschlichen Körper, der physischen Existenz, identifiziert, eine Illusion ist, dass alles, was wir »die Welt« und auch unser Ich oder Selbst nennen, nur eine vorübergehende Manifestation des einen und ewigen Geistes ist, und dass das Leid endet, wenn man dies erkennt. Er hat dies nicht als Theorie oder Philosophie oder Theologie formuliert, sondern es war, soweit man den historischen Zeugnissen entnehmen kann, seine persönliche Erfahrung und Erkenntnis, seine »Erleuchtung«. Bei Jesus ist es die Liebe, die Leid und Tod überwindet. Bei beiden geht es aber nicht um den physischen Tod – der bleibt, aber er zählt nicht mehr. Wenn ich im Innersten erkannt habe, dass alles Geist („Gott“) und das menschliche Leben (die Welt) nur eine vorübergehende Erscheinung dieses Geistes ist, den man auch Gott oder Bewusstsein nennen kann, hat der Tod, wie es in einem österlichen Kirchenlied heißt, »keinen Stachel mehr«. Dann ist man frei.“14

Diese Sätze mögen etwas Wirkliches schildern, sie sind aus meiner Sicht aber unvollständig. Denn sie enthalten nichts, was dem Menschen in irgendeiner Weise Freiheit ermöglichen würde. Die Wahrheit ist im Sinne dieser Sätze eben eine feststehende, der der Mensch sich zu fügen hat. Es wäre ja – wenn man den Buddha einmal auf die Sitze treiben wollte – eigentlich ganz egal, ob die Welt untergeht. Sie ist ja sowieso bloss eine Illusion. Und – auch etwas auf die Spitze getrieben – was ist eigentlich Liebe? Wenn sie nicht bloss irgendein Habenwollen sein soll, sondern wirklich Liebe um des Geliebten willen, dann muss sie ganz vom Zentrum meiner selbst ausgehen, und setzt insofern Freiheit voraus. Andernfalls praktiziert der Mensch göttlich fremdgesteuerte Selbstliebe des Gottes für seine Schöpfung. Wie aber kann dann Freiheit entstehen? Und schließlich: wie erkennt der Mensch, dass „alles Geist (Gott) ist“? Was ist also Geisterkenntnis im Unterschied zu Glaube? 15Ich komme darauf zurück.

4. Der Gott im Menschen

Wieder ganz nachvollziehbar ist es, wenn Nelles sagt: „Der Krieg gegen die Natur ist unser christliches Erbe, das die Wissenschaft, allem vordergründigen Rationalismus und Atheismus zum Trotz, nur fortführt. Der Mensch hat die Schöpfung zu seinem Projekt, mehr noch: zu seinem Daseinszweck gemacht. … Wir haben Gott zwar abgeschafft, haben ihn uns im Geiste unterworfen, aber indem wir dies taten, ist er unbemerkt in uns hineingeschlüpft. Anstatt ihn losgeworden zu sein, beherrscht er uns nun von innen: Wir müssen wie Gott sein, und das Instrument dafür ist die Wissenschaft. … Die Natur-Wissenschaft ist keine Arbeit mit der Natur …, kein Versuch, sich durch ihr tieferes Verständnis besser in sie einzufügen, sondern ein Angriff gegen sie. Damit ist sie aber auch ein Angriff auf den natürlichen Menschen.“16

Ein Aspekt fehlt mir dabei allerdings: ist denn die Art, wie Natur-Wissenschaft heutzutage betrieben wird – auf der Grundlage des Kantschen Axioms, dass die Wahrheit eben nicht erkennbar sei – die einzig mögliche? Oder hat Kant möglicherweise etwas übersehen, und sein Axiom stimmt überhaupt nicht? Gibt es vielleicht eine Natur-Wissenschaft, die mit der Natur arbeitet, und die sich nicht von einem ehemaligen Gott beherrschen lässt, sondern von uns selber vollständig bewusst ausgeht?

5. Was wir bekämpfen, sind wir selbst

Wie schon eingangs gesagt, es gibt wirklich nicht viele Artikel, die sich zu derartigen Einsichten aufschwingen und diese auch wirklich schlüssig darzulegen verstehen. Der in der Überschrift genannte Satz wird von Nelles erläutert, indem er darauf hinweist, dass wir selber ja Bestandteil der Natur sind, und in unserem Krieg gegen die Natur darum sozusagen uns selber töten; und wenn wir so weitermachen, gibt es zwar irgendwann noch Überlebende, aber die werden keine Menschen mehr sein, sondern Maschinenwesen17.

Er schildert dann, dass für uns der Gott aus den genannten Gründen eben tot ist, nicht mehr existent, aber da der Mensch offenbar ohne einen Gott nicht leben kann, sich der heutige Mensch eben selber zum Gott erklärt. Und damit wird dasjenige, was dieser Mensch dann aus seinem eigenen „göttlichen Ratschluß“ tut zur unwiderlegbaren Wahrheit, und alles, was heutige Wissenschaft auf der Grundlage Kants als Theorien, als Diskurs, als Zweifel braucht, um überhaupt ihre Berechtigung zu haben, wird über den Haufen geworfen. Interessant ist, dass er die Rolle der Priester, die dem einfachen Volk die Wahrheiten zu verkünden haben, bei den Journalisten sieht; ich hätte sie zumindest auch – wenn nicht überwiegend – bei denjenigen Wissenschaftlern gesehen, die sich zum Rechtfertigungswerkzeug politischer Absichten machen. Das ist aber nur ein Detail.

Grundlage des Ganzen – so findet Nelles – ist letztlich die Angst vor dem Tod. „Und diese Angst hat einen sehr, sehr tiefen Grund, nämlich den schon angesprochenen Tod Gottes.“18 Und damit ist der Tod für uns nicht zum Übergang in ein neues Sein im Schoße Gottes, sondern ein unwiderrufliches und absolutes Ende geworden. Da wir dies aber nicht aushalten können, müssen wir irgendwie ein Weiterleben organisieren, und zwar im Diesseits, denn etwas Anderes kennen wir nicht. „Und genau da funkt uns unsere Natur dazwischen. … Also müssen wir sie abschaffen. Überleben, »ewig« leben können wir nur als künstliche Wesen, als Plastikblumen, die nie verwelken, oder als virtuelle Kopien in einer virtuellen Welt. Das »ewige« Leben auf Erden kann nur ein totes Leben sein. Im Kleinen haben die Lockdowns uns das vorgeführt: Um nicht zu sterben, darf man sich nicht mehr bewegen.“19 Das ist sehr treffend beschrieben, vor allem der letzte Bezug zur aktuellen Situation.

Als Schlussergebnis kommt Nelles zu der Feststellung: „Wenn wir dies nicht wollen, gibt es nur einen Weg: Wir brauchen eine neue Spiritualität, wir müssen erkennen, dass wir nicht nur Körper, sondern auch – sogar zuallererst – Geist sind, und dass Leben und Tod nicht zwei, sondern eins sind. Es gibt das eine nicht ohne das andere. Wenn wir das sehen und im Geist zu Hause sind, sind wir geschützt. Der Psalm spricht die Wahrheit.“20

Ja, kann man ihm beinahe enthusiastisch zustimmen – wenn da nicht der letzte Satz wäre. Womit ich bei meiner Ergänzung angekommen bin.

6. Was ist der Mensch?

Was bei Nelles gar nicht genau geklärt wird, aber für die Beurteilung des Ganzen meiner Ansicht nach unverzichtbar ist, das ist die Frage, was eigentlich hier als „Mensch“ angesehen wird. Wenn schon das technologisch-mechanistische Menschenbild in Frage gestellt wird, das im Rahmen der Entwicklungen der letzten Jahrhunderte nun heute ja beinahe alleinherrschend ist, dann wäre doch eine Klärung schon notwendig, was der Mensch denn dann sein solle?

Nelles verweist darauf bloß implizit; ich lese aus seinen Darstellungen heraus, dass der Mensch eben ein Naturwesen ist, oder eine Schöpfung Gottes, das dann derzeit – so kann man annehmen – in eine Art Größenwahn verfallen ist und daher möglichst schnell wieder auf sein im göttlichen Naturplan vorgesehenes Maß zurückgestutzt werden müsse. Genaueres habe ich nicht gefunden; aber vielleicht habe ich auch nicht genau genug gelesen.

Falls ich richtig gelesen habe, kann ich dem Autor ja zustimmen, was die Analyse der Vergangenheit betrifft: der Mensch ist aus dem göttlichen oder natürlichen Zusammenhang gefallen, er kennt die Wahrheit nicht mehr, und in seiner Not ernennt er sich in seiner Unvollkommenheit jetzt zum neuen Gott. Das kann nicht gut gehen. Was aber nun?

Hier gibt es ja seit mehr als einhundert Jahren auch ganz andere Ansätze, die leider (auch durch manche „offizielle“ Vertreter dieser Richtung) in weitesten Kreisen nur völlig verzerrt und entstellt in die Öffentlichkeit dringen. Ich meine die anthroposophische Geisteswissenschaft Rudolf Steiners. Steiner hat bereits in seinen frühen philosophischen Werken21 das Kantsche Dogma von der Unerkennbarkeit der Wahrheit, das heißt ja auch von den unübersteiglichen Erkenntnisgrenzen des Menschen, abschließend widerlegt. Das hier referieren zu wollen, ist vollkommen unmöglich.

Letztendlich läuft es aber darauf hinaus, dass ja unbestreitbar ist, dass jede Erklärung des Daseins eines Menschen oder der Welt immer die Existenz eines erklärenden Denkens und eines Individuums, in dem sich dieses Denken zum Bewusstsein bringt, voraussetzt. Auch wenn ich also erkläre, der denkende, sich selber erlebende geistige Mensch sei gar kein selbständiges geistiges Wesen, sondern nur eine Illusion, die aus der Materie gleichsam „hervorschwitzt“, ist diese Erklärung eben eine, die nur durch einen denkenden Menschen erbracht werden kann, der sich damit sozusagen selber „wegerklärt“. Näheres dazu habe ich in meinem Buch zur aktuellen Menschheitskrise ausgeführt: „Wahnsinn und Denken. Der Kampf um den Menschen“22.

Ausgehend von einem so aufgefundenen Primat des Geistes – zumindest von der Warte des Erkennenden Menschen aus – stellt sich dann die Frage nach dem Sinn der derzeitigen Situation der Menschheit noch einmal etwas anders. Vieles, was Nelles anführt, liegt ja völlig auf dieser Linie, und darum habe ich den Artikel auch erfreut gelesen. Nur bleibt bei ihm die Frage nach dem, was eine „neue Spiritualität“ denn sein könnte, leider unbeantwortet.

7. Neue Spiritualität

Denn die Konsequenz von Nelles – „Der Psalm hat recht“ – ist ja nichts anderes als der Rückgriff gerade auf eine alte Spiritualität, die eben mit zu den Gründen gehört, warum die Lage heute so ist, wie sie ist. Der helfende Gott, der den sündigen Menschen führt, der ist eben nicht mehr. Und ich denke nicht, dass man ihn zurückholen kann. Der Mensch ist frei geworden, auch zum Irrtum.

Warum kann man ihn nicht zurückholen? Man wird einen heutigen, selbständig denkenden Menschen, auch und gerade nach den Ereignissen der letzten zwei Jahre, nicht mehr leicht dazu bringen können, irgendwem einfach zu glauben. Das müsste er aber: der Bibel, dem Pfarrer, dem Imam, dem Professor, oder wem sonst auch. Sicher, derzeit glauben ja gerade viel zu viele alles Mögliche. Was aber, wenn die Sache auffliegt? Nein, der denkende Mensch will heute wissen, und zwar auch von dem, was nicht klar vor Augen liegt. Und das bedeutet, dass wir nicht nur eine irgendwie „neue Spiritualität“ benötigen, die sich eben geschützt glaubt, wenn man dem Psalm glaubt. Gott ist für die Menschen tot. Man erlebt ihn nicht mehr. Glaube als innere Stütze gegenüber der gottlosen Welt reicht für sehr viele Menschen nicht mehr aus.

Nein, wir brauchen sehr viel mehr, nämlich eine komplette Spiritualisierung der Wissenschaft. Und die wird nur gelingen, wenn der einzelne, individuelle, denkende Mensch erst einmal anfängt zu realisieren, dass er selber Geist ist, der derzeit eben in einem irdischen Leib auf der Erde herumläuft. Was vorher war (habe ich eventuell mein Schicksal, meine Aufgaben im Leben schon wie eine Art Vorhaben mitgebracht?) und was nachher sein wird (Fegefeuer, Himmel, Walhalla, oder was auch immer) kann ich erst lernen zu verstehen, wenn ich mich selber und mein Denken verstehen lerne. Vorher ist das nicht möglich. Aber ich kann vorher schon wissen – wenn ich mein unmittelbares Erleben nur ernst nehme, das nämlich ein geistiges ist, den materiellen Inhalten gegenüber – ich kann also vorher schon wissen, dass diese jetzt gerade von mir erlebte Welt nicht alles ist. Nur darf ich dabei eben nicht stehen bleiben, wie Kant und seine Nachfolger, sondern muss mich aufraffen zur eigenen Weiterentwicklung im Erkennen.

Und da bin ich eben mit Herrn Nelles nicht einig: der Psalm hatte recht für die Menschen vergangener Zeiten. Jetzt müssen wir eine neue Art Psalm zu singen lernen. Wir haben nämlich die Welt schon umgestaltet, sie ist gar nicht mehr die „natürliche“, das ist frommer Glaube. Um uns herum sind eine Vielzahl technischer Einrichtungen tätig, deren Wirkungen wir noch gar nicht überblicken, und die uns noch auf die Füße fallen werden. Wenn wir lernen wollen, damit umzugehen, werden wir uns ganz auf uns selber verlassen müssen. Allerdings: was die Vergangenheit betrifft, die uns in diese Welt befördert hat, da gilt eben, was der Psalm sagt.

Denken wir doch einmal weiter: wenn der Gott, der uns beschirmte, uns in diese Situation gebracht hat, in der wir sind: was wollte er damit von uns erreichen? Ich finde, es ist ein berechtigtes Anliegen in dem Willen, selber das Leben schaffen zu lernen. Nur wird es dazu nötig sein, erst einmal zu wissen, was Leben überhaupt ist, und auch zu verstehen, wie und warum wir als Menschheit an die Stelle gekommen sind, an der wir jetzt stehen. Und dann müssen wir Wege finden, wie wir unsere Erkenntnisgrenzen weiten können.

Wir stehen also vor zwei Möglichkeiten: entweder weiter so wie bisher; jeder sieht, dass er für sich das Beste herausschlägt, man lebt ja nur einmal – also gar nichts verstehen wollenoder die Einsicht, dass wir selber nicht weiterkommen werden, wenn wir nicht die Welt um uns herum – und das bedeutet auch alle anderen Menschen – dabei mitnehmen. Wir werden uns also – sozusagen aus einer Art höherem Egoismus – liebevoll jeder Einzelheit des Lebens zuwenden müssen, um sie mitzunehmen auf unserem Weg in den Geist der Zukunft. Der Weg Buddhas ist nämlich auch ein alter: gar nicht erst ganz auf die Erde kommen zu wollen, da sie ja doch nur eine Illusion ist. Diesen Weg haben wir uns abgeschnitten. Wir können uns nämlich gar nicht mehr weiterentwickeln ohne die Welt. Unsere Taten sind längst Bestandteil der Welt und prägen sie. Und sie braucht uns jetzt. Unsere „Sünden“ werden wir schon selber abzutragen haben, indem wir uns umschaffen zu einem „neuen Menschen“.

Diesen Weg, der nicht auf ein „zurück zum leitenden Gott“ setzt, sondern auf die Kraft des freien Menschen (ohne die Freiheit hätten wir uns gar nicht derartig irren können – darum ist die materialistische Wissenschaft, die nichts vom Geiste weiß, als Durchgangsstation auch unumgänglich nötig gewesen), der in seinem Handeln Liebe entwickelt, stellt Rudolf Steiner in seinem Gesamtwerk dar. Ihm war zu keiner Zeit vorrangig wichtig, was an einzelnen Inhalten geistiger Tatsachen dargestellt wurde. Es ging immer zuerst um die Schaffung von Urteilsgrundlagen für eine wirkliche geisteswissenschaftliche Erkenntnis, eine solche also, die vollkommen vorurteilslos und kontrolliert an dem ansetzt, was der Mensch als geistiges Wesen im Geiste heutzutage unmittelbar erleben kann, und die eben dadurch den Weg in eine Spiritualisierung der Wissenschaft weisen kann.

© Stefan Carl em Huisken 2021

1https://multipolar-magazin.de/artikel/der-kunstliche-mensch, als pdf-Datei herunterladbar

2Wegen der Bedeutung, den der Psalm für das Ganze hat, hier der von Nelles zitierte Text ebd., S. 2:
„Wer im Schutz des Höchsten wohnt und ruht, im Schatten des Allmächtigen, der sagt zum Herrn: ‚Du bist für mich Zuflucht und Burg, mein Gott, dem ich vertraue.‘ Er rettet dich aus der Schlinge des Jägers und aus allem Verderben. Er beschirmt dich mit seinen Flügeln, unter seinen Schwingen findest du Zuflucht. Schild und Schutz ist dir seine Treue. Du brauchst dich vor dem Schrecken der Nacht nicht zu fürchten, noch vor dem Pfeil, der am Tag dahinfliegt, nicht vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die wütet am Mittag …“

3ebd., S. 2 (alle Zitatnachweise beziehen sich auf die pdf-Datei)

4ebd., S. 3

5ebd.

6ebd., S. 4

7ebd., S. 3

8ebd., S. 4

9ebd., S. 5

10ebd.

11ebd., S. 6

12ebd., S. 7

13Mumford, Lewis: Mythos der Maschine. Kultur, Technik und Macht. – Frankfurt a.M., Fischer Taschenbuch, 1977

14Nelles ebd., S. 7

15vgl. dazu von einem andere Ausgangspunkt aus zu „Transhumanismus und Geist-Erkenntnis“, https://emhuisken.de/den-menschen-ueberwinden-transhumanismus-und-geist-erkenntnis/

16ebd., S. 8

17vgl. hierzu auch im Folgenden den Schlussabsatz bei Nelles ebd., S. 8 ff

18ebd., S. 9

19ebd. S. 9 f

20ebd., S. 10

21„Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung“, „Wahrheit und Wissenschaft“, „Die Philosophie der Freiheit“

22em Huisken, Stefan Carl: Wahnsinn und Denken. Der Kampf um den Menschen. – Borchen, Ch. Möllmann, 2021, bestellbar =>hier; ebenso manche Artikel auf meiner Website www.emhuisken.de




Was hilft die Aufregung? – Die Kräfte wirksam nutzen

Die vielfältig belastenden Ereignisse, die einem täglich begegnen, lösen immer wieder Zorn, Angst, Empörung und Resignation aus, und die Aufregung über solche Neuigkeiten beherrscht vielerorts die Gespräche und Aktionen. Ist das hilfreich? Gibt es andere Verhaltensmöglichkeiten, die unsere Kräfte wirksamer nutzen für den erwünschten Fortschritt?

Den Tatsachen ins Auge schauen

Was auch immer an Neuigkeiten auf uns einstürmt, es scheint überwiegend eines zu bestätigen: der Kampf gegen das Böse (was auch immer das sei) muss weitergehen, und immer noch ist es nicht gelungen, dieses Böse auszurotten, damit wir endlich wieder unseren Frieden haben. Unsere offensichtliche Ohnmacht, das Böse zu beseitigen, verbunden mit immer neuen Meldungen über neues Böses in der Welt zermürbt die Kräfte, die sich nur darauf verlegen können, in Klagechören die Situation zu beweinen und ansonsten zuzusehen, wie die Welt untergeht.

Da waren die Manichäer1 in den ersten Jahrhunderten der christlichen Zeitrechnung offenbar weiter. Ihnen war klar, dass das Böse in der Welt bis zum Erdenende Bestand haben wird, und dass daher die Hoffnung auf die völlige Befreiung vom Bösen keine realistische Grundlage hat. Vom heutigen Gesichtspunkt aus muss ja auch gesagt werden, dass wir um unserer Freiheit willen auf die Existenz des Bösen angewiesen sind: ohne das Böse gäbe es kein Bewusstsein des Guten (wie auch immer man das im Einzelnen beschreiben will), und damit keine freie Wahl. Wo es keine Wahl gibt, herrscht Unfreiheit – und die ist für Viele ja heute gerade der Inbegriff des Bösen.

Also sollten wir uns entschließen, die Existenz des Bösen erst einmal als gegeben zu akzeptieren. Neue Winkelzüge aus der Höllenküche können wir dann mit einer gewissen Gelassenheit zur Kenntnis nehmen. Das schont die eigenen Kräfte, die dann für Anderes frei werden.

Was ist eigentlich wirklich gut?

Diese Kräfte können wir dann wirksamer nutzen, um unsere eigenen Zeile zu verfolgen – und die sind doch natürlich gut, oder? Aber halt: ist nicht schon diese Unterscheidung eigentlich böse? Lebt nicht auf diese Weise das Gute, die Freiheit, die Harmonie und Einigkeit gerade von des Bösen Gnaden? Die Verwirrung kann immer mehr Platz greifen: was ist eigentlich wirklich gut?

Man sollte die Sache realistisch anschauen: die aus der einen Sicht „bösen Freiheitsfeinde“, die diejenigen mit der anderen Sicht auf die Dinge drangsalieren: was sollte denn mit ihnen geschehen? Alle einsperren, ihnen die Freiheit nehmen, alle „beseitigen“? Tun wir, die Guten also, denn dann etwas Anderes als gerade sie, die Freiheitsverhinderer? Es ist und bleibt doch so, bei aller Gegensätzlichkeit: wir Menschen sitzen alle in einem Boot, und müssen insofern lernen, gemeinsam auf der Erde zu existieren.

Das schafft ja gerade immer neue Probleme, dass im Wechsel der „herrschenden Weltanschauungen“ immer sehr schnell schlecht wird, was einst gut und richtig war. Die „gute Endlösung“ gibt es also nicht – wie schon die Manichäer wussten: das Böse hat seinen berechtigten Platz im Weltganzen, bis ans Erdenende.

Jeder Versuch, etwas Berechtigtes aus der Entwicklung gänzlich auszutilgen, wird scheitern. Und noch mehr: er wird schnell selber der Vernichtung, der Zerstörung anheimfallen, die er der „anderen Seite“ angedeihen lassen will.

Man kann also festhalten: ein absolut Gutes, das allein die Welt beherrscht, kann es nicht geben (nur mit Auslöschung aller Freiheit, was aber wieder „böse“ wäre). Was aber dann?

Liebet das Böse – gut

Für dieses Dilemma hatten die Manichäer einen Vorschlag, den wir Heutige uns vielleicht genauer ansehen sollten: sie wollten nämlich in ihrem Handeln das Gute in das Böse hineinmischen und so nach und nach für eine Umwandlung des Bösen in ein neues Gutes sorgen.

Damit könnte ja sozusagen jeder an seinem Ort jederzeit beginnen.

Gewiss, ein Paradies auf Erden (also einen Zustand von „oben“ gelenkter Unfreiheit auf der Basis der Unkenntnis des Unterschiedes von Gute und Böse – das ist ja das biblische Paradies) wird man so niemals erreichen können, und schon gar nicht in absehbarer Zeit. Aber vielleicht kann man Schritt für Schritt, bis hin zum Erdenende, einen Zustand des bewusst errungenen und daher freien Guten erreichen.

Was wäre dafür nötig? Dass man als freie Liebestat sich selber das Böse „einverseelt“ (in freier Nachbildung des Wortes „einverleibt“), um es dort aus den eigenen, die Gegensätze heilenden Intentionen heraus umzuarbeiten in ein neues, frei gewolltes Gutes. Ganz konkret würde das bedeuten, den Menschen, der Böses tut, nicht als Unmensch zu betrachten, als Sache also, die auf den Müll gehört (das wäre dann hier: aufs Schafott), sondern als verirrten Menschen, der seine eigene Verirrung nicht begreift, und deshalb einen Anderen braucht, der sie für ihn versteht und ihm darum helfen kann, ebenfalls zu verstehen. Der Hilfswillige wird dann allerdings die Geduld aufbringen müssen zu warten, bis der „Böse“ anfängt, seinen Irrweg einzusehen und dadurch für Hilfe überhaupt empfänglich wird.

Alles schön und gut – aber was hilft das jetzt?

Dass solche Überlegungen gar nicht unbedingt abgehoben sind, zeigt ein kurzes Gespräch, das ich neulich hatte, und das für mich auch zum Anlass für diesen Artikel geworden ist. Dabei tut es nichts zur Sache, welche Position die Beteiligten zu den aktuellen gesellschaftlichen Verwerfungen einnehmen; ich schildere sie nur zur Illustration, um die Sache anschaulich zu machen.

Ich befand mich also in einem Gespräch mit jemandem, der die derzeit so nachhaltig empfohlenen Injektionen experimenteller gentherapeutischer Produkte ablehnt, weil sie aus seiner Sicht, aufgrund der ihm vorliegenden Informationen vielfältige negative Wirkungen haben – man kann sie von diesem Gesichtspunkt aus ohne Weiteres als „Giftspritzen“ ansehen – und daher vorhersehbar zu unermesslichem menschlichem Leid führen müssen. Insofern sind diese Injektionen aus seiner Sicht eine „böse“ Sache, und der gesellschaftliche, moralische, politische und wirtschaftliche Druck, mit dem die Menschen derzeit diesen Injektionen zugeführt werden sollen ebenfalls.

Als wir die Sache so weit erörtert hatten, entstand die Frage, was denn nun zu tun sei. Einmal abgesehen von der äußeren Ohnmacht des Einzelnen dieser geballten „bösen Macht“ gegenüber, kamen wir auf die Frage, was denn überhaupt ein Ziel des eigenen Handelns sein könne. Anzustreben, die Propagandisten dieser Injektionen, die ja überdies mit zahlreichen Täuschungsmanövern, also unwahrhaftig zu arbeiten scheinen, und zudem all die nichtsahnenden Mitläufer, die den Druck der Propaganda ja durch ihr Mittun erst wirksam machen, aus dem gesellschaftlichen Leben zu entfernen – also einzusperren, umzubringen oder anders unfreiwillig unwirksam zu machen –; ein solches Streben wäre letztlich dasselbe, was man gerade den „Anderen“ vorwirft, was sie derzeit mit den „Verweigerern“ tun. Das Böse hätte dann gesiegt, die Spaltung zwischen den Menschen zementiert, und das mit unserer, also der „Guten“ Hilfe. Das kann es also nicht sein. Was aber dann?

Dann fiel der befreiende Satz, sinngemäß: „Wenn die Folgen dieser Injektionen und der daran geknüpften Maßnahmen dann sichtbar werden, das Leiden daran dann um sich greift, dann können wir, die wir die Spritze aus guten Gründen nicht genommen haben, die anderen doch nicht hängen lassen!“ Ganz gleich, wie die Sache ausgeht, ob dieses große Leiden kommt oder nicht – jeder kann sich ja geirrt haben –: hier zählt die Menschlichkeit und die ist in diesem Fall eben auch ein bisschen manichäisch.

P.S.: Auch diejenigen, die jetzt ganz rücksichtslos ihre Sicht der Dinge durch Manipulation und strukturelle Gewalt anderen aufzuzwingen suchen, kann man vielleicht in diese menschliche Regung aufnehmen: was ist denn, wenn sie die unermessliche Schuld beginnen einzusehen, die sie auf sich geladen haben? Das kann bald sein, oder später, vielleicht auch erst in einem nächsten Leben. Dann werden sie Hilfe brauchen, um ihre verlorene Menschlichkeit wiederzufinden.

© Stefan Carl em Huisken 2021

1Es gibt mancherlei Darstellungen über Manichäismus, die in vielen Fällen vor lauter Einzelheiten das Grundprinzip fast unsichtbar machen oder sehr einseitig ideologisch geprägt sind. Über das Grundprizip des Manichäismus vgl. vor allem Rudolf Steiner: Der Manichäismus. In: Die Tempellegende und die Goldene Legende, GA93, Dornach, 1991. S. 68 ff sowie die zugehörigen Quellenhinweise und -zitate in demselben Band.


Denkerische Grundlagen für meine Darstellungen zur Situation der Gegenwart habe ich dargestellt in meinem Buch „Wahnsinn und Denken. Der Kampf um den Menschen“, das Sie hier oder im Buchhandel bestellen können.




Wahnsinn und Denken – neues Buch erscheint in Kürze

Cover Wahnsinn und Denken

In Kürze wird im Ch. Möllmann Verlag mein neues Buch „Wahnsinn und Denken – Der Kampf um den Menschen“ erscheinen, das sich mit den Fragen und Aufgaben beschäftigt, die den Menschen weltweit im Zusammenhang mit der sogenannten „Corona-Pandemie“ ins Bewusstsein drängen.

„Es entstand aus dem Wunsch, der allgemeinen und zunehmenden Desorientierung und Verwirrung, die durch die Vorgänge im Zusammenhang mit der sogenannten „Corona-Pandemie“ ausgelöst wurde, einen klaren Denkweg entgegen zu stellen, der für jeden Menschen nachvollziehbar ist, ausgehend von unmittelbar erlebbaren Tatsachen. Nur so – war der Gedanke – kann zu einer Beurteilung der Ereignisse gefunden werden, die nicht nur eine weitere Theorie dem Streit der Parteien hinzufügt. Es musste daher von Grundtatsachen ausgegangen werden, die jeder einigermaßen Gutwillige unmittelbar und gleichermaßen einsehen kann. (…)

Der Anlass für die Ausarbeitungen dieses Buches ergab sich in einem kleinen Arbeitskreis, in dem ich seit mehr als zehn Jahren regelmäßig meist monatlich Vorträge gehalten habe. Als im Zuge der diversen „Corona-Verordnungen“ solche Zusammenkünfte zu verbotenen Aktivitäten gemacht wurden, musste von der Darstellung von Mund zu Ohr abgewichen werden und zu schriftlichen Ausarbeitungen übergegangen werden. Ein solches Vorgehen ist natürlich sehr viel aufwendiger als ein mündlicher Vortrag; was sich dort aus dem lebendigen Miteinander ergeben kann, musste nun in allen Einzelheiten der viel größeren Anonymität des Geschriebenen angepasst werden. Dabei wurde allerdings schnell deutlich, dass damit auch den Anforderungen an eine Veröffentlichung entsprochen werden kann.“
(aus dem Vorwort).

„Vielleicht ist es ja möglich, hiermit einen Beitrag zu größerer Ordnung und Verantwortung im Umgang der Menschen miteinander, mit der Erde und der gemeinsamen Zukunft beider zu leisten.“ schließt das Vorwort ab.

Das Buch erscheint mit Hardcover, Fadenheftung, 116 Seiten im Mai im Verlag Ch. Möllmann zum Preis von 15 €. ISBN 978-3-89979-335-2
Es kann ab sofort => hier oder per Email an info@emhuisken.de bestellt werden.




Ein Jahr Lockdown-Maßnahmen – ein Leserbrief von mir

Vorbemerkung: Vor Kurzem riefen die Nachdenkseiten (www.nachdenkseiten.de) auf, Erfahrungsberichte aus „einem Jahr Lockdown-Maßnahmen“ einzureichen, die dann ggf. veröffentlicht werden könnten. Aus diesem Anlass schrieb ich den nachfolgenden Text, den ich für die Veröffentlichung an dieser Stelle nur geringfügig bearbeitet habe.

Ich hatte seit vielen Jahren schon erwartet, dass das weltweit herrschende System von materialistischer Wissenschaft und daran geknüpfter egoismusgesteuerter Interessenwirtschaft (egal unter welchem ideologischen Vorzeichen – westlich-kapitalistisch oder östlich-autoritär) irgendwann zu einer Katastrophe führen würde. Aus langjähriger Beschäftigung mit einschlägiger Literatur – insbesondere unter ernstmeinenden Anthroposophen, aber auch anderswo gibt es da eine Menge – war mir auch klar, dass es in der Welt einflussreiche Gruppen gibt, die sehr langfristig planen und ihre Pläne dann umsetzen, wenn die Situation so weit vorbereitet ist (es handelt sich nicht um Verschwörungstheorien; diese Verschwörungen sind ganz im Sinne der Darlegungen von Daniele Ganser zu diesem Wort Realität). Dass die sogenannte Demokratie dafür nur eine Fassade abgibt, die im Übrigen sehr effektiv genutzt werden kann für solche Pläne, stellte Rudolf Steiner schon im ersten Weltkrieg fest.1

Als dann die „Corona-Pandemie“ ausgerufen wurde, ergaben Gespräche mit mir bekannten verantwortungsvollen Medizinern schnell die Unsinnigkeit der Maßnahmen, wenn man jedenfalls nicht die rein materialistische Medizin zugrunde legt, für die der Mensch ein biologischer Automat ist, und der daher mit Computermodellen gänzlich vorherberechnet werden kann (siehe z.B. die Prognosen von Neil Ferguson, Michael Meyer-Hermann, Melanie Brinkmann und Co.; dass diese Sichtweise mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat, haben die folgenden Ereignisse ja bewiesen).

Dass die erwartete große Krise nun bereits gekommen zu sein scheint, wurde mir erst im Laufe der Zeit klar – zu unerwartet trafen die Maßnahmen immer genau den Punkt, an dem man bei sich und anderen durch eigene Gedanken, Gespräche und Hinweise ein Bewusstsein für die grundsätzliche Moralfreiheit aller materialistischen Weltanschauung (Moral ist ja in dieser Sichtweise nur eine Art Rauch, der aus einer gewissen Masse organischer Materie aufsteigt) und die Ohnmacht irgendeines religiösen oder anderweitig ideologischen Glaubens hätte wecken können. Das war ungemein schmerzhaft. Ich hatte ja wie wohl so viele gehofft, mindestens noch eine Weile lang davon verschont zu bleiben.

Daneben habe ich ja unmittelbar ab März 2020 praktisch alle Einkommensmöglichkeiten verloren (Musiker, Autor, Vortragender, bei allen Gelegenheiten Verkauf eigener CDs und Bücher, in der Folge Tantiemenausschüttungen durch die GEMA – alles entfällt seitdem bis weit in die Zukunft hinein weitestgehend). Was mich rettete, war die Tatsache, dass ich ab Mitte des Jahres eine Rente (weit unter dem Grundsicherungssatz) und sehr viel private Unterstützung bekommen habe. Die Sklavenbewirtschaftung über die Grundsicherung wird mich jedenfalls nicht zu sehen bekommen.

Seitdem befasse ich mich einerseits mit schriftlichen Darstellungen zu Analyse und Auswertung der Situation, und andererseits mit eingehenden Überlegungen für die Zeit „danach“2. Dies ist – realistisch orientiert an Bill Gates‘ Vorhersage von vier Jahren Corona-Maßnahmen und zehn Jahren Wiederaufbau, Halbzeit haben wir ja schon 2022, vielleicht geht es ja auch schneller – also noch eine Weile hin, die Vorbereitung darauf aber absolut notwendig. Das Chaos wird dann groß sein, und sehr viel fordern. Vor allem wird es nötig sein, dann Gedankengänge erkundet und erübt zu haben, die in dem bis dahin notwendig zunehmenden Durcheinander situationsorientiert Beiträge liefern können für ein Gegengewicht gegen die offenbar vorgesehene Situation von verelendeter, außengesteuerter Bevölkerung, die sklavenartig für alle Drecksarbeit genutzt werden kann, unter vollständiger digitaler Überwachung (die Chinesen machen das derzeit noch etwas „humaner“ als für uns geplant, denke ich) und Gängelung. Wie also wird man dann noch Menschlichkeit ermöglichen können?

Dass die Fahrt in diese Richtung geht, und dass die Weltenlenker – wer auch immer das im Einzelnen sein möge, viele sind sicher einfach inkompetente, etwas dümmliche oder korrupte Mitläufer – aus jedem scheinbaren Rückschlag Nutzen für ihre Pläne ziehen können, zeigt die aktuelle Situation: die Sache mit der sogenannten „Osterruhe“. Ein vollständiger Erfolg für die zerstörerischen Planungen! Denn: so sind ohne große Auseinandersetzungen die Öffnungsdiskussionen vom Tisch, außer man macht es so wie Tübingen und (geplant) das Saarland: Überwachung durch eine App mit zentraler Datenspeicherung, offener Flanke zum Gesundheitsamt (also der staatlichen Überwachung), und nicht Open Source (App „Luca“). So etwas geht jetzt schon so en passant – man denke an die langwierigen Diskussionen um die Corona-App im letzten Jahr – und mit äußerlich sichtbarem Teilnahmeausweis an der digitalen schönen neuen Welt (das wunderbare QR-Code-Armband aus Tübingen). Und alle machen begeistert mit: endlich wieder „Freiheit“!3

Was will ich damit sagen? Ich lerne in einer ziemlich harten Schule derzeit, die vollkommen moralfreien, nur von egoistischer Interessenvertretung bestimmten Gedankengänge materialistischer Wissenschaft und ihrer Nutzer in der Weltenlenkung zu denken und praktisch voraus zu ahnen. Das ist schwer erträglich, aus meiner Sicht aber der einzige Weg, irgendwann in die Vorhand zu kommen. Da sollte man niemals aufgeben.

Sonst werden wir wohl in absehbarer Zeit die völlige Vernichtung aller Menschlichkeit – und in der Folge vielleicht der Menschheit insgesamt – erleben. Das wollen diese Leute ja explizit: Transhumanismus fordert eben seinen Tribut. Man braucht nur noch 500 Millionen Sklaven, der Rest kann weg. Das ist zwar eine Rolle rückwärts ins alte Griechenland (die ganze griechische Kultur wäre ohne das Heer von Sklaven nicht denkbar gewesen!), aber das wünschen sich diese Leute ja auch so.

Es reicht nicht, nur darüber zu klagen. Wir müssen umdenken, weg von einer Wissenschaft, in der der Mensch und sein subjektives Erleben explizit nicht vorkommen darf4 – wie soll man denn auf solcher Grundlage auch etwas Anderes erwarten als maschinelle Steuerung im Sinne äußerer Nützlichkeit? Mir ist es daher immer mehr ein Anliegen geworden, ganz abseits von Wehklagen oder wirrem Gefasel durch klares Denken Wege aus dieser menschheitlichen Prüfung zu finden, für mich selber und wo möglich im Gespräch mit Anderen.

Abgesehen von allen Ungeheuerlichkeiten, die derzeit passieren, komme ich immer mehr zu der Überlegung: will ich überhaupt zurück zum „vorher“? Da war doch schon so viel Gruseliges vorhanden, das nur durch allgemeine Bespaßung und entsprechendes Medienwirken nicht so ins Bewusstsein kam, dass sich Grundsätzliches geändert hätte (Kriege, Atomkraft, Naturzerstörung, Autoritätsglauben, Despotismus etc. pp.). Liegt in dieser jetzigen „Krise“ vielleicht auch die Chance, dass mehr Menschen aufwachen und sich nach einem Sinn für ihr eigenes Leben und das der Menschheit insgesamt fragen, einem Sinn, der einem nicht autoritär von irgendwelchen „Priesterkasten“ (religiös, „wissenschaftlich“, ideologisch oder anderweitig) vorgesagt werden muss?

Ich kann nur in solchen Überlegungen einen Weg finden, die allgemeine Zerstörung, die längst geschehen ist und nun nur immer mehr an die Oberfläche des öffentlichen Bewusstseins kommen wird, überhaupt zu ertragen. Bisher gelingt es mir noch.

Stefan Carl em Huisken

1Rudolf Steiner am 28. Oktober 1917 in Dornach, in: Steiner, Rudolf: Die spirituellen Hintergrunde der äußeren Welt, S. 264 ff über das Buch von Francis Delaisi: La Democratie et les Financiers von 1910, in dem dieser unter anderem geschrieben habe, dass „es dem Großkapitalismus gelungen sei, aus der Demokratie das wunderbarste, wirksamste, biegsamste Werkzeug zur Ausbeutung der Gesamtheit zu machen“.

2Vieles davon findet sich hier auf meiner Website, siehe hier: https://emhuisken.de/tag/corona/

3In den ganzen Diskussionen über richtige, fundierte oder nicht fundierte Zahlen und „wissenschaftliche“ Aussagen kann ich nur Ablenkungsmanöver sehen: die Kritiker müssen ja auch das Gewünschte zu tun bekommen und vom allem Angst, sonst würden sie noch etwas merken …. Ich spare mir diesen ganzen Bereich darum.

4Ja, ich weiß, Erkenntniswissenschaft ist ein schwieriges Feld. Hilfreich sind Rudolf Steiners Dissertation „Wahrheit und Wissenschaft“ und seine „Philosophie der Freiheit“; das ist extrem schwer zu lesen, kommt aber wohl kaum in den Verdacht, Phantasterei und Geschwurbel zu sein.




Undenkbar! Oder?

I

Undenkbar

Undenkbarkeiten gibt es viele. Derzeit immer mehr und immer ungeheuerlichere. Dass es Pläne geben könnte zum Beispiel, die seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten verfolgt werden und die völlige Versklavung der Menschheit anstreben. Dass alles Relevante, was in der Menschheit vorgeht, gesteuert, inszeniert, geplant sein könnte: 9/11, die Corona-Pandemie, aber auch schon die Weltkriege des 20. Jahrhunderts und viele andere Grausamkeiten. Dass die ach so gloriose „Wissenschaft“, die seit dem 19. Jahrhundert die äußere Sinneswelt zur alleinigen Wirklichkeit erklärt und die uns im Übrigen durch ihre Errungenschaften wie die Biochemie, die Atomkraft und die maschinelle Durchdringung und Industrialisierung des gesamten äußeren – und inzwischen durch die Computer auch des inneren – Lebens in die Lage gebracht hat, in der wir heute sind, – dass diese glorreiche Wissenschaft in ihrem alles beherrschenden Ziel, den Menschen aus der Erkenntnis zu eliminieren, vielleicht unrecht hätte und von der Wurzel her erneuert werden müsste. Dass Regierende überall auf der Welt vielleicht Getriebene, Gelenkte, oft grässlich Inkompetente, Korrupte und in einem Wahn Befangene sein könnten. Und so weiter, und so fort. Alles natürlich undenkbar.1

Furcht

Warum? Weil wir uns fürchten. Fürchten vor den dunklen Abgründen des Menschlichen, die man im Denken zu ergründen hätte, wenn man es doch versuchte so etwas zu denken. Fürchten auch davor, all die dunklen Unter- und Hintergründe solcher Dinge auch in uns selber zu entdecken. Stattdessen versuchen wir lieber, die Dinge zu tun, die wir nicht denken können oder wollen: Macht gewinnen; zügellos die eigenen Wünsche walten lassen; wissen, dass wir selber die „Guten“ sind; dass wir uns selber und unsere Lebensweise nicht ändern müssen – das müssen nur immer alle anderen.

Die Furcht vor dem Ende des schon Bekannten produziert ständige „Dosiserhöhungen“ dessen, was wir schon kennen. Wenn uns die heutige materialistische Wissenschaft in eine Sackgasse führt: mehr davon. Oder auch: wenn der Lockdown nicht wirkt: mehr davon. Wenn die Computermodelle mit ihren irrwitzigen Vorhersagen von der Wirklichkeit widerlegt werden: mehr und neue davon. Also, kurz gesagt: reines Suchtverhalten.

Sucht

Wer schon einmal ausführlicher mit Süchtigen zu tun hatte, weiß eines: da, wo die Angst ist, geht es lang. Das ist der einzig rettende Weg. Also: die eigene Ohnmacht eingestehen (aber nicht zu dem Zweck, sich dann zurückzulehnen und zu sagen: „ich wusste es schon immer, ich kann nichts machen, das müssen die anderen“; das ist nur eine noch perfidere Finte der Furcht). Die Ohnmacht des heutigen Wissenschaftsbetriebes einsehen, die Wirklichkeit zu erkennen. Die eigene moralische Labilität – freundlich ausgedrückt – und damit das eigene Getriebensein von Egoismus betrachten. All das dann aushalten und nicht aufgeben.

Dann können wir vielleicht auch nachvollziehen lernen, was die „bösen Anderen“, die „skrupellosen Weltenlenker“ bewegt, wenn sie tun, was sie tun, und ja auch unverblümt zugeben. Die Reichenversammlung des WEF fürchtet sich vor der Unvollkommenheit des menschlichen Wesens, findet offenbar Computer (Menschenwerk also!) viel perfekter und möchte gerne damit verschmelzen: Transhumanismus nennt sich das dann. Regierende überall fürchten sich vor ihrem Volk und möchten es daher gerne zu etwas Kontrollierbaren, Planbaren, Steuerbaren machen. Wissenschaftler fürchten sich vor den Abgründen des menschlichen Geistes und möchten ihn darum aus der Erkenntnis ausschließen; da treffen sie sich mit den Transhumanisten, siehe oben. Der Gläubige fürchtet sich davor über das Absolute etwas zu wissen, der Unvollkommenheit der Wirklichkeit des Irdischen unausweichlich gerecht werden zu müssen.

Und so arbeiten sie alle zusammen – aus Furcht. Aus dem gleichen Grund im Übrigen, aus dem wir das alles mitmachen. Und wenn wir aus Furcht nicht mehr mitmachen wollen, machen wir dasselbe wie sie: wir suchen Macht, moralische Erhebung, Perfektion (das heißt dann hier „Kompetenz“), um die „Despoten“ zu zwingen.

Wir suchen also – Macht für die Liebe, die des Anderen Freiheit zwingt? Aber etwas Anderes können wir doch nicht, das ist doch undenkbar! So? Wer sagt das? Schon mal versucht? Oder, wie der Kabarettist Bodo Wartke es in einem Lied sagt: „Was, wenn doch?“2

II

Grenzen

Wer beginnt, über die derzeitige Situation der Menschheit und ihre (möglichen) Hintergründe nachzudenken, kommt schnell an Grenzen: Grenzen des Fassbaren, des Verstehbaren, des Erträglichen, oder auch ganz grundsätzlich des für uns heutige Menschen überhaupt Denkbaren. Dadurch ergibt sich die auf allen Seiten gleichbleibende Wiederholung der immer gleichen Argumente, Attitüden, Urteile und Gedankengänge. Man ist es inzwischen irgendwie leid: man versucht etwas zu erfassen und muss sich dann eingestehen, dass es einem nicht gelingt. Oder man gesteht sich die Ohnmacht nicht ein und dreht sich weiter in den immer gleichen Gedankenkreisen.

Sicherheit

Es ist daher vielleicht Zeit, die Gründe für dieses Erlebnis des Zerbröselns aller Sicherheit – auch und gerade Urteilssicherheit – einmal woanders zu suchen als beim immer falschen Denken der Anderen, der „Gegenpartei“ also.

Vielleicht liegt das Zerfallen aller Denk- und Lebenssicherheit ja auch an Gewohnheiten weltanschaulicher Art, die allen beteiligten, streitenden und in immer kleinere Fraktionen zerfallenden Akteuren gleich sind, und die deswegen das menschliche Zusammenleben auf der Erde so allgemein zerstören können, wie das schon seit langer Zeit geschieht, derzeit aber erst wirklich an die Oberfläche des Bewusstseins dringt, als Ausdruck einer ins Extrem getriebenen Unterbewusstheit der Wahrheit gegenüber.

Aber das können wir nicht denken: die ganze Menschheit, zumindest in der überwältigenden Mehrzahl der leitenden Personen in einem grandiosen, die Menschheit als solche in ihrer Existenz bedrohenden Irrtum, ja vielleicht Wahn? Undenkbar!

Moral und Wahrheit

Was aber wäre die Alternative? Etwa, dass diese Mehrheit der Leitenden aus bösem Vorsatz handelten? Also, kurz gesagt, seit Jahrzehnten oder länger an ganz klaren Plänen zur Vernichtung der Menschlichkeit systematisch arbeiten, aus welchen – undenkbaren! – Motiven auch immer? Wieder eine solche Undenkbarkeit.

Aber was sollten dann auch die Motive derjenigen sein, die solche Pläne verfolgen? Reicht die Annahme eines grenzenlosen Egoismus‘ aus, um Menschen zu Taten zu treiben, die in dem Maße zerstörerisch sind, wie es derzeit geschieht? Und wenn ja: wer oder was treibt die Menschen dann in diesen überbordenden Egoismus? Und was treibt diejenigen an, die diesem Egoismus dann irgendeine – welche auch immer – moralisch sich gebende Ideologie entgegenhalten: „Man muss doch, man kann doch nicht …“.

Doch, man muss offenbar, man kann auch. Das beweist ja einfach die Existenz derjenigen Menschen, die man da bekämpfen will. Daraus folgt zwingend, dass die Ideale, die man da verfolgt, eben nicht allgemeingültig sind, denn für die Bekämpften gelten sie ganz offenbar nicht. Solche Ideale bleiben eben auf der Ebene persönlichen Glaubens und Meinens – die Meinungsfreiheit ist doch ein hohes Gut, oder? Gewiss, das ist sie, aber sie wirkt real zur Zeit extrem sozial desintegrativ, vorsichtig ausgedrückt. Das wäre nur überwindbar, wenn es eine wirkliche Wahrheit gäbe, die für jeden Menschen nachvollziehbar wäre, und über die es daher keinen Streit geben könnte.

Aber das ist undenkbar! Eine Wahrheit? Die gibt es nicht! Höchstens kann durch Zwang und Unterwerfung, durch Manipulation und ähnliche Machenschaften der äußere Anschein der einen wirklichen Wahrheit einer Mehrheit der Menschen aufgedrückt werden. Die eine Wahrheit, die Wirklichkeit selbst, die gibt es nicht! Das steht fest, alles andere ist undenkbar!

Wer entscheidet?

So könnte man noch viele Dinge aufzählen, die von dieser oder jener Warte aus undenkbar sind: so böse, so inkompetent, verlogen, oder auch so gottgleich philanthropisch, so messiashaft gut etc. pp., wie es sich auf solchen Denkwegen ergibt, können die Menschen gar nicht sein, das ist undenkbar. Der „Great Reset“, die „Corona-Pandemie“ als Weg zur Menschheits-Versklavung, die wirre Politik mancher Regierungen als Ausdruck völliger Lebensfremdheit, und was es dergleichen an Zumutungen in der gegenwärtigen Auseinandersetzung noch mehr gibt, all das ist dann für große Menschengruppen einfach „undenkbar“ (und wird ihnen auch täglich so dargestellt), und muss daher aufs Schärfste bekämpft werden.

Der Richter, der all diese Dinge beurteilt, ist aber immer da zu suchen, wo etwas als „undenkbar“ dargestellt wird. Also bei demjenigen, der aus seinem Denken entscheidet, was für ihn „undenkbar“ ist. Und genau da liegt die Crux.

Genauso wie derjenige, der an die universelle Gültigkeit irgendeines Moralsystemes glaubt, in uralten, längst vergangenen gesellschaftlichen Verhältnissen, den uralten Theokratien offenbar hängen geblieben ist – die in weiten Teilen vollkommen moralfreie, rein nützlichkeitsbezogene und aus blindem Egoismus getriebene Handhabung der Macht hat solche alle Menschen umfassenden Moralcodice längst abgelöst –, genauso also ist der Wissenschaftler, der mit unbeugsamem Willen versucht, den Menschen und seine heutzutage unvermeidliche Subjektivität aus aller Erkenntnis auszuschließen (natürlich nur im Dienste der Wahrheit!), vollkommen in die Irre gegangen. Woher weiß denn dieser Wissenschaftler, was objektiv ist und was subjektiv? Ja, genau: aus seinem, seiner eigenen Ansicht nach ja ganz subjektiven Denken!

Das Undenkbare denken

Nein, eine Wahrheit kann man den Menschen heute nicht mehr von oben herab verkünden. Die müssen sie schon selber einsehen können. Das gilt auch für scheinbar unumstößliche Wahrheiten wie sogenannte „Grundrechte“. Wer deren Existenz nicht einsehen kann, achtet sie eben nicht. Das ist die ungeschminkte Wirklichkeit. Und wer nun meint, die Achtung für diese Grundrechte erzwingen zu müssen, z.B. auch für die menschliche Freiheit? Der zerstört sie genau mit diesem Anspruch.

Es bleibt kein anderer Weg, als immer genau gerade das „Undenkbare“ – denken zu lernen. Das heißt ja nicht, dass man das, was man da denken lernt, um es zu verstehen, nun auch gut und richtig finden muss. Aber ohne ein wirklich vorurteilsfreies Nachdenken gerade des scheinbar Undenkbaren entsteht kein wirkliches Verständnis für einander, und auch keine Möglichkeit, einen lebbaren Umgang mit einander zu finden. Wenn ich lerne, auch das für mein Urteil Fürchterliche zu denken, zu verstehen, dann komme ich der Wirklichkeit näher und baue an einer Grundlage für ein neues Zusammenleben auf dieser Erde.3

Leider ist diese Grundlage dann – horribile dictu!4 –für Viele eine ganz undenkbare, nämlich keine, da bloß geistig, und daher subjektiv und darum unwirklich. Echt jetzt? Ist es denn ganz undenkbar, dass der menschliche Geist eine wirksame Tatsache wäre und keine Einbildung? Ist die Freiheit des Menschen denn nur als egoistische Freiheit des Ungezügelt-Seins denkbar? Ist Freiheit nicht auch Voraussetzung wirklicher Liebe? Nein, das geht gar nicht?

Undenkbar!

© Stefan Carl em Huisken 2021

1 Was man nicht denken kann, nennt man heute „Verschwörungstheorie“

2Das Lied findet sich z.B. hier: https://www.youtube.com/watch?v=T1IDSzs1Ai8

3Vgl. meine Artikel Den Anderen nach-denken hilft und Der Spiegel des Individuellen – Den Anderen nach-denken II, zu finden unter https://emhuisken.de/uebersicht-beitraege-geisteswissenschaft/

4„Es ist schrecklich zu sagen“




Europa braucht etwas Anderes

Das technokratische Wissenschafts-Dogma

Fast überall herrscht es, kaum widersprochen: das Dogma von der universellen Alleingültigkeit der heutigen Form materialistischer Wissenschaft und der aus ihr abgeleiteten Technik als Problemlöser. Dogma nenne ich diese Ansicht, weil sie umfassende Alleingültigkeit für sich in Anspruch nimmt, Glaube also fordert, und jede abweichende Ansicht daher auszurotten versucht.

Beherrschender Aspekt dieser Sichtweise ist die daraus abgeleitete Auffassung, dass das rein materiell-biologische Dasein unbedingten Vorrang vor allem anderen hat; denn alles andere ist ja materialistisch nicht messbar, nicht in dieser Wissenschaft erfassbar – allenfalls noch durch umfangreiche Statistiken zu Wahrscheinlichkeiten zu verdichten – und daher eigentlich gar nicht wirklich. Der Mensch ist dann mehr oder weniger eine Art „wirtschaftender Automat“1, der eben auf der Erde herumgeht, und dort durch seine wirtschaftliche Tätigkeit die Grundlagen für seine Existenz schafft. Das Wirtschaftliche, da für den materiell fassbaren Leib am wichtigsten, ist darum für den Menschen das Vorrangige.

Zwei Varianten – China und die USA

Von dieser Ansicht gibt es zwei in unserer Zeit sehr gegensätzlich scheinende Varianten: die westlich, vor allem amerikanisch geprägte, und die östliche, die sich in einer Extremform zur Zeit in China zeigt. Geht die westliche Form davon aus, dass das Optimum an Erfolg für den Menschen herauskommt, wenn jeder Einzelne möglichst ungehemmt über einen Teil der Erde verfügen kann, den man als „Privatbesitz“ bezeichnet, und das Zusammenleben der Menschen sich auf diese Art und Weise nach den Gesichtspunkten des „freien Spiels der Kräfte“ mehr zufällig ergibt, geht die östliche Variante den anderen Weg, der das Wirtschaften stramm Top-Down aufgrund vorab festgelegter ideologischer Kriterien für den Bedarf der einzelnen Menschen regelt, und daher menschliche Freiheit nur insofern zum Tragen kommen kann, als sie die vorrangige Wirtschaftsorganisation nicht stört.

Wie verderblich beide Varianten sind, kann man leicht einsehen: man schätzt die Zahl der Todesopfer der chinesischen Kulturrevolution, die letztlich ja die Grundlage schuf für die heutige Situation auf ca. 20 Millionen Menschen ein; andere Schätzungen, die die Wirkungen auf umliegende asiatische Staaten und die Verbrechen von deren Regimes einbeziehen, kommen auf 70 Millionen. Das amerikanische Wirtschaftsmodell hat durch die Betonung der Freiheit des wirtschaftenden Menschen die Tendenz hervorgebracht, immer mehr und mehr produzieren zu wollen und damit begrenzte natürliche und menschliche Ressourcen zu verbrauchen, was wiederum die Konkurrenz zwischen Menschen und Staaten auf der Erde immer mehr verschärft, so dass dieses System eigentlich ohne ständige Kriege gar nicht bestehen kann. Die Millionen Menschen, die durch diese Kriege getötet wurden, sind schwerer zählbar, aber sie werden wohl mindestens das Maß der chinesischen Kulturrevolution erreichen.

Am heutigen Zustand unserer Welt kann man also sehen, wohin eine solche einseitige Sicht auf den Menschen führt. Wo nur das Biologisch-Materielle zählt, haben moralische oder auch einfach das Seelisch-Geistige des Menschen berücksichtigende Ansichten keine Bedeutung. Der „Glaube“ an die Materie macht alle Wissenschaft nach und nach zwangsläufig vollkommen a-moralisch. Und diese Weltanschauung, die uns durch ihre Wissenschaft und Technologie in die Krisen der heutigen Zeit gebracht hat, soll die Probleme jetzt auch lösen? Aber andere Lösungswege kennt sie ja nicht.

Streit um die Weltherrschaft

Die beiden Systeme – so will ich sie einmal nennen – streiten sich nun schon seit Aufkommen der materialistischen Wissenschaft um die Weltherrschaft. Vorbereitet hat sich das seit dem 15. Jahrhundert, so richtig Fahrt aufgenommen hat es seit dem 18. Jahrhundert.

In England kam der Ökonom Adam Smith auf den Gedanken, das der wirtschaftende Mensch gerade dann, wenn er seine egoistischen Eigeninteressen verfolgt, am meisten für die Gesamtheit leistet; die „unsichtbare Hand“ des Marktgeschehens regele das, ganz unabhängig vom Menschen. Die westliche Form materialistischer Weltgestaltung ging aus solchen Gedanken hervor; sie ist vor allem von England, später Amerika als den mächtigsten Akteuren propagiert worden.

Karl Marx legte den Schwerpunkt auf die durch die ökonomischen Verhältnisse geschaffenen Ungleichheiten der Menschen, woraus sich mit der Zeit das Konzept des Klassenkampfes und der „Diktatur des Proletariates“ ergab, das immer größere zentral verwaltete Volkswirtschaften ergab. Die wirtschaftlich mächtigste Variante davon gibt es heute in China, getragen von einem religiös anmutenden Glauben an die ideologische Führung, entstanden in der chinesischen „Kulturrevolution“ unter der Führung Mao-Tse-Tungs..

In unserer Zeit ist die Kriegführung nach und nach auf andere Methoden als ausschließlich den „heißen“ Krieg mit Waffen verfallen. Die Konkurrenz zwischen den USA und China um den Einfluss in der Welt liegt ja auf der Hand; derzeit hat dabei offenbar China „die Nase vorn“. Die sogenannten „Lockdowns“ sind eine Sache, die gleich zu Beginn der derzeitigen „Pandemie“ von China aus propagiert wurden. Zu keinem Zeitpunkt wäre man in China allerdings darauf gekommen, gleich ganze Länder mit Lockdowns zu überziehen; das war dort immer eine spektakulär propagierte lokale Massnahme in China. Die Welt hat das System verallgemeinert übernommen.

So hat man es nun erreicht, dass die Staaten der Welt sich von Lockdown zu Lockdown hangeln und dabei ihre Wirtschaft, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und ihre gesamte Lebensform zerstören. Mit dem Effekt, dass alle Länder geschwächt werden, nur China nicht – das hat mit diesen Dingen längst aufgehört, oder bietet hin und wieder eine gut durchkalkulierte, in jeder Hinsicht verkraftbare Propagandaaktion, mit Abriegelungen, riesigen Desinfektionsspritzen und derlei mehr. Heutzutage führt man eben Informations- oder besser Propaganda-Kriege.2

Europa zwischen den Blöcken

Wir hier in Mitteleuropa sind bisher ja vor allem unter dem Einfluß der westlichen, Egoismus-orientierten Modelle regiert worden. Nun kommt Europa durch die ausgedehnte Propaganda von Seiten Chinas in die Lage, mittels des harten Lockdown-Regimes deren Gesellschaftssystem zu kopieren, das mit den eigenen Lebensbedürfnissen aber nichts zu tun hat. In China mit seiner ganz anderen Geschichte, auch gewachsenen Mentalität der Menschen, mag so ein System, wenn es zusätzlich immer nur lokal angewandt wird, funktionieren. Je weiter man nach Westen kommt, desto schlechter funktionieren die Lockdowns. Nur, wo man China in der Unerbittlichkeit, auch des gewaltsamen Zwanges noch übertrifft, in Neuseeland und Australien zum Beispiel, kann man mit einem solchen Modell leben. Das sind im Übrigen auch Inselstaaten, die sich problemlos nach außen abriegeln lassen.

Dass Lockdowns nicht funktionieren in Europa, hat unterschiedliche Gründe. Zum einen wohl ganz praktische: ein ausgemachtes Transitland wie Deutschland zu Beispiel, von den unterschiedlichsten anderen Staaten umgeben, mit langen, für alle „normalen“ Lebensgewohnheiten notwendig offenen Grenzen und im Übrigen vom Export lebend, kann solche Abriegelung gar nicht realisieren. Also wirkt sie dann auch nicht.

Aber es gibt auch noch ganz andere Gründe: beide Ideologieen, die des Westens und die des Ostens, passen nicht zu den Menschen, die hier leben. Weder der ausgeprägte, auf den Eigennutz zentrierte Egoismus als herrschendes Gesellschaftsprinzip wie in Amerika, noch die erzwungene und engmaschig überwachte Unterordnung unter ein von oben herab verordnetes sogenanntes „Wohl des Ganzen“ wie in China können die Menschen bei uns auf die Dauer zufriedenstellen. Zu stark ist immer auch die andere, die Gegenfraktion. Und so ergehen sich die Menschen in dauernden Streitereien, so dass sie keine Kraft finden können, etwas Eigenes den beiden übermächtigen Einflüssen entgegen zu stellen.

Einerseits versucht man, in der derzeitigen „Pandemie“ zugunsten der besseren Regierbarkeit das Unterdrückungs- und Überwachungssystem Chinas zu kopieren, andererseits aber wird gerade dies dann vor allem von mit Europa verflochtenen Großkonzernen des Westens genutzt, um ins Irreale steigende Profite zu erwirtschaften. Ja, man findet in der kleinen Gruppe von Superreichen sogar, dass die Gelegenheit zu tiefgreifenden Umgestaltungen der Wirtschaft zum eigenen Nutzen jetzt gerade besonders günstig ist. So wirken bei uns beide einträchtig zusammen: Das Unterdrückungssystem Chinas zerstört durch die Lockdowns unseren gesellschaftlichen Zusammenhang, und unter diesem Deckmantel setzt man von der anderen Seite zum ultimativen wirtschaftlichen Ausrauben an. Von freiem europäischem Geist keine Spur.

Man sieht, was letztlich auf derselben Basis – der materialistischen Weltanschauung im Bunde mit dem technokratischen Wissenschaftsdogma – an ganz verschiedenen Orten der Erde, im Westen und im Osten, ganz unterschiedliche Gesellschaften begründet, wirkt für Europa gerade zusammen, und umfassend zerstörend.

Und was dann?

Schon nach dem sogenannten „ersten Weltkrieg“ wies Rudolf Steiner darauf hin, dass in Europa und davon ausgehend dann in der ganzen Welt etwas Anderes geschehen müsse3. Die Gesellschaftsverfassung seiner Zeit zeigte bereits, was wir heute bis ins Extrem getrieben vorfinden: wirtschaftliche Macht, die die Staatsstrukturen unter ihre Kontrolle bringt, und auf diesem Wege das von Staat gänzlich kontrollierte Geistesleben (Wissenschaft, Bildung, Kultur) ebenfalls seinen Wünschen unterordnen kann. Was Not tut – so wurde er nicht müde zu betonen – sei eine völlige Trennung dieser Bereiche des Wirtschaftlichen, des Geistig-Kulturellen und des Rechtlich-Staatlichen, anzufangen mit einer Befreiung des Geisteslebens aus den Zwängen des Staates. Dann könnten Deutschland und Europa ihren eigenen Beitrag zur positiven Entwicklung der Welt leisten: die richtige Mitte zu finden zwischen dem übermächtigen Zwang der Ideologie (China) und der Orientierung am individuellen Egoismus (Amerika) als eigenen Weg.

In China herrscht durch die allumfassende Ideologie ein völlig einseitiges Geistesleben; in den USA (und Großbritannien, ansonsten überall in Europa infiltriert) ein alles beherrschendes, vom wirtschaftlichen Egoismus geprägtes Wirtschaftsleben. Was aber den Menschen in seinem Zentrum betrifft, im sozialen Leben der Gesellschaft, das also, was wir auch „Staat“ zu nennen pflegen, ist nur noch Instrument – entweder für die Ideologie, oder für die Interessen von Wirtschaftsmächten.

Es wäre gut, wenn sich im Herzen Europas, dort, wo sich in der Schweiz einst eine erste Art Basisdemokratie gründete, und wo aus Deutschland eine ungeheuer wirksame Kulturblüte das Leben der Welt veränderte und bereicherte, möglichst bald und möglichst kräftig ein eigener Weg zum Regeln des menschlichen Zusammenlebens finden ließe. Rudolf Steiners Überlegungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts haben an Aktualität nichts eingebüßt, im Gegenteil. Die Probleme, die er damals sah und zum Anlass seiner Ausführungen machte, sind bis heute in immer wieder gesteigerter Form als Zertrümmerer von Kultur, Kunst, Bildung, Wissenschaft, ja, als allgemeiner Zerstörer jeder geistigen Entwicklung überhaupt zutage getreten. Aber es sind eben immer noch dieselben Tendenzen, und sie brauchen daher immer noch Lösungsansätze, wie sie Rudolf Steiner schilderte.

© Stefan Carl em Huisken 2021

1Vgl. Rudolf Steiner: „Die Brücke zwischen der Weltgeistigkeit und dem Physischen des Menschen“, GA 202, Dornach, 1993. S. 116 ff

2Eine sehr ausführliche und äußerst umfangreich belegte Stellungnahme zur Rolle Chinas in der Pandemie von einer Gruppe renommierter US-Anwälte gibt es hier in deutscher Übersetzung https://www.wodarg.com/app/download/9041427014/Der%20globale%20Lockdownbetrug%20der%20CCP.pdf?t=1610370568. Das englische Original mit allen Quellenangaben hier: https://ccpgloballockdownfraud.medium.com/the-chinese-communist-partys-global-lockdown-fraud-88e1a7286c2b

3Vgl. zum Beispiel Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der sozialen Frage in den Lebensnotwendigkeiten der Gegenwart und Zukunft. Erstausgabe 1919, diverse Auflagen Dornach, Rudolf Steiner Verlag




Verbotener Spaß, erlaubte Pflicht – die Katastrophe unserer Zeit

Der Anlass

„Der Spaß ist verboten, die Pflicht erlaubt“, so fasste ein Freund den Charakter der in immer neuen Wellen auf uns hereinstürmenden Regeln „zum Infektionsschutz“ zusammen. Ein schlichter Satz, der aber symptomatisch hinweist auf tiefgründige Unterlagen der derzeitigen Ereignisse.

Nehmen wir diesen Satz doch einmal genauer unter die Lupe, „sine ira et studio“, also ganz nüchtern, und ohne auf gewiss vorliegende Sympathien und Antipathien Rücksicht zu nehmen. Was sagt er eigentlich genau?

Pflicht und Spaß

„Pflicht“ ist etwas, was dem Einzelnen auferlegt ist, „insbesondere auch das …, was von einer äußeren Autorität oder durch ein Gesetz von jemandem gefordert wird und Verbindlichkeit beansprucht“ (Wikipedia). Es trägt also den Charakter des nicht frei Gewählten, das ggf. auch die Möglichkeiten, Befindlichkeiten und Strebensrichtungen des Einzelnen unberücksichtigt lässt. In dem obenstehenden Satz also ganz offenbar vor allem Dinge, die eher unangenehm sind, keinen Spaß machen. Und genau das bezeichnet der Satz als „erlaubt“.

Im Wort „erlauben“ liegt in der Vorsilbe „er-“ die Bedeutung von „etwas hervorbringen“ darinnen, im Sinne von „etwas erschaffen“. Und im „-laubt“ steckt das loben, das gutheißen. Das Wort spricht also eigentlich davon, dass etwas hervorgebracht wird durch loben und gutheißen, und ist urverwandt mit dem altindischen Wort lōbháyati ‚erregt Verlangen, lockt an‘. Was erlaubt ist, sollte also eigentlich, der Wortbedeutung nach, wohl etwas Sympathisches sein, etwas, was man niemandem als „Pflicht“ auferlegen muss. In dem untersuchten Satz klingt das etwas anders. Die Formulierung scheint widersprüchlich, lässt aufhorchen.

Was Spaß ist, erklärt sich von selbst. Und wenn verboten ist, was Spaß macht, ist das ganz klar eine unsympathische Angelegenheit, da gibt es nicht viel zu verhandeln. Das Wort „bieten“ verbindet noch im mittelhochdeutschen die Bedeutungen für „anbieten, darreichen“ und „gebieten“ oder „befehlen“.

Mit der Vorsilbe „ver-“ ist die Verneinung verbunden, das Vergehen von etwas, ganz im Gegensatz zum „er-“ im Erlauben.

Der ganze Satz enthält also klar ein Über- und Unterordnungsverhältnis, in dem der eine dem anderen vorschreiben kann, was er in diesem Fall zu lassen hat: „Spaß“ nämlich, und was ihm „erlaubt“ ist, die Pflicht nämlich, das heißt das Gehorchen.

Freiheit und Selbstbestimmung

Warum so eine Sprachbetrachtung? Nun, sie differenziert genauer, was man normalerweise sowieso fühlt bei einem solchen Satz. Und diese Differenzierung weist auf Tieferliegendes hin. Nämlich darauf, dass wir in der Regel die Pflicht nicht lieben, den Spaß aber sehr wohl. Das hat seinen Grund darin, dass die Pflicht eben etwas ist, was nicht von uns selber ausgeht, was wir also in der Regel nicht frei gewählt haben. Der Spaß taucht hier als das Gegenteil auf, als das, was wir also selber, von uns aus wollen können.

In dem Satz spricht sich also der Freiheitswille des Menschen aus und die Empfindung, dass nur, was diesem Willen entspricht, auch eigentlich wirklich „Verlangen erregt“ und „anlockt“, und darum eigentlich „erlaubt“ sein sollte.

Darin spricht sich eigentlich die ganze Tragik unserer Zeit aus. Warum sind wir so darauf aus, vor allem Spaß zu haben, also angenehme Erlebnisse, und empfinden schon beim Worte „Pflicht“ eher etwas säuerliches, Ungeliebtes? Es gab doch Zeiten, da haben Menschen die Pflicht als heilig angesehen, also als etwas, was der Mensch aus sich selbst heraus anstrebte, wollte, und darum auch Freude an der Pflichterfüllung haben konnte. Warum ist das heute so anders? Warum sind die „Pflicht“ und der „Spaß“ so etwas Gegensätzliches geworden?

Charakter unserer Zeit

Ich will in diesem Text – auf diese Feststellung lege ich Wert – nicht irgendwen oder irgendetwas verurteilen, kritisieren oder dergleichen. Ich will nur beschreiben, um ausfindig zu machen, wie sich in allerkleinsten Dingen des Alltags ganz Grundsätzliches, für die Erkenntnis unserer Zeit Bedeutendes aussprechen kann. Darum auch solche scheinbar nutzlosen Sprachbetrachtungen; der Sinn wird sich gleich schon zeigen.

Dass „Pflicht“ und „Spaß“ für uns Gegensätze sind, weist auf ein Charakteristikum unserer Zeit hin: wir arbeiten, um die nötigen Ressourcen zu haben, um dann – zu leben, also Spaß zu haben. Die Arbeit ist in der Regel eher notwendiges Übel. Deswegen gelten ja Musiker und Künstler zum Beispiel vielfach nicht als „arbeitende Menschen“, denn sie machen ja bloss, „was ihnen Spaß macht“, tun also nichts Ernsthaftes, Bedeutendes. Arbeit ist eben Pflicht, und wir beneiden diejenigen, die ohne Arbeit genug haben für ihren Spaß1. Muss das eigentlich so sein?

Es hat seinen Grund in der Art und Weise, wie unsere Arbeit, unser schaffendes Tun in der Welt also, in die menschliche Gesellschaft eingeordnet ist. Arbeit gilt ja bei uns als etwas Käufliches, als Kostenfaktor bei Unternehmern, als in seinem Wert durch den „Markt“ bestimmt. Wenn man die Arbeit also billiger kriegen kann, nimmt man sie natürlich da. Nur: Arbeit gibt es niemals ohne den Menschen, der sie leistet. Der muss dann immer mit der Arbeit mitgehen. Er kann sie nicht auf dem Markt verkaufen, dann nach Hause gehen und den erlangten Erlös genießen. Er muss seine Lebenszeit dafür hingeben. Bei den alten Griechen kaufte man die ganzen Menschen als Sklaven. Im Mittelalter gab es Leibeigene. Und heute eben „Arbeitskräfte“, was mindestens für die gekaufte Lebenszeit nicht viel Unterschied macht zum Leibeigenen und Sklaven. Die Auffassung von der menschlichen Arbeit als Ware – käufliches Gut also – verletzt die Würde des freien Menschen; das fühlt heutzutage wohl fast jeder, und diese Empfindung liegt der Ungeliebtheit der Arbeit zugrunde.

Gleichheit im Recht

Jeder Mensch, der etwas arbeitet, gibt der Welt und allen anderen sein eigenes Leben hin, seine Zeit, seine Kraft, oft auch seine Gesundheit. Das gilt für alle Menschen gleich, und auf dieser Grundlage müsste eigentlich rechtlich geregelt werden im Hinblick auf die vorhandenen gesellschaftlichen Bedürfnisse, das heißt auf die in einer Region insgesamt nötige Arbeit, wie viel, wie lange und unter welchen Umständen jeder seinen Beitrag zu Ganzen zu leisten hat. Und eine solche rechtliche Regelung müsste selbstverständlich so getroffen werden, dass jeder Einzelne bei dieser Regelung betroffen ist und mitwirken kann, d.h. dass das, was er für andere fordert immer auch genauso für ihn selber gilt – also einfach demokratisch2.

Und genauso müssten natürlich auf rechtlicher Grundlage jedem, der etwas für die Gesamtheit schafft, auch die nötigen Mittel gegeben werden: Werkzeuge, Maschinen, Grund und Boden, was auch immer. Es ist doch eigentlich, bei näherer Betrachtung nichts weiter als ein völliger Unsinn, wenn jemand davon sprechen will, er habe einen Teil der Erde – also Grund und Boden – als sein persönliches Eigentum, mit dem er machen kann, was er will. Genauso wie der Mensch ja mitgehen muss, wenn seine Arbeit gekauft werden soll, was der heute immer intensiver empfundenen Menschenwürde widerspricht, soll mit dem Eigentum an Grund und Boden etwas Unmögliches getan werden: ein Stück Erde isoliert und vom Rest der Welt unabhängig gekauft und verkauft werden.

Besitz und Eigentum

Leider ist aber genau das heutzutage die Regel: die Menschen meinen, die Erde gehöre ihnen, und sie könnten damit machen, was sie wollen. Die Erde selber, und bei rechter Überlegung auch jeder klar denkende Mensch kann davon eigentlich nicht erbaut sein; die Erde wehrt sich ja inzwischen auch und macht uns klar, dass wir als Menschheit auf diese Art nicht mehr lange auf ihr weilen werden. Die Masse der Menschen hat aber offenbar noch nicht erkannt, wie unsinnig so ein Gedanke ist: ein Stück Erde zum willkürlichen Gebrauch ohne Rücksicht auf Verluste einfach als Eigentum haben zu wollen.

Um hier Missverständnisse zu vermeiden: Besitz ist keineswegs unsinnig, das ist – wie das Wort besagt – das „darauf sitzen“, sich und seine Tätigkeit darauf stützen. Wenn also auf rechtlicher Grundlage jemandem ein Gut zum Besitz gegeben wird, dann muß er selbstverständlich frei damit umgehen können, wir hätten ja sonst eine überbordende Bürokratie mit noch viel schlimmeren Herrschaftsmöglichkeiten, als sie derzeit bei uns in Deutschland jedenfalls gegeben sind (kommunistische Gesellschaftssysteme lassen grüßen … warum gehen sie auf die Dauer in Korruption und eigensüchtiger Nomenklatura unter?).

Der Mensch, dem wir im Vertrauen in seine Fähigkeiten ein Gut zur Nutzung für das Wohl der Allgemeinheit hin die Hände legen, muss natürlich seine Kräfte und Fähigkeiten frei entfalten können, nur dann wird er mit vollem Engagement und dadurch aucheffektiv arbeiten können.

Eigentum im Unterschied zu Besitz kann daher nur sein, was auf dem eigenen Schaffen beruht, also beim Künstler zum Beispiel die Gestalt (die nur geistig fassbare Form), die er einem Material gegeben hat. Das Material gehört weiterhin der Erde und allen Menschen gemeinsam. Die Ressourcen an Grund und Boden, Maschinen, Hilfsmitteln, die einem Unternehmer zur Verfügung gestellt werden, gehören natürlich der Erde und der Menschheit an, aber sein Umgang damit ist der originäre Beitrag des Unternehmers, der diese Ressourcen erst für die Allgemeinheit ertragreich machen kann.

Das ist nur ein Beispiel, das man aber auf sehr viele andere Situationen, bei genauem Hinsehen selbst für traditionelle Arbeitssituationen wie diejenigen in der Industrie anwenden kann.

Ideologie der Unfreiheit

Wo aber die Arbeit gebraucht wird, um die Menschen zu versklaven (nein, es sind nicht einfach nur die „bösen Kapitalisten“, die die Lage für sich ausnutzen, es sind alle Menschen, die überhaupt Arbeit als käuflich ansehen, die dafür sorgen, dass hier kein Umdenken einsetzt), da kann die Arbeit nur zu etwas werden, was ungeliebte Pflicht ist. (Und wo man die Erde als beliebig zerstückelbare Ware zum Zwecke der Eigentumsanhäufung ansieht, da kann sie nur leiden und nach und nach absterben.)

Damit man die Menschen weiterhin in dieser Unmündigkeit und Unfreiheit halten kann, hat man den Spaß erfunden, der eben der Gegensatz ist zur ungeliebten Pflicht. Strenge reformiert-protestantische Ideologie sprach davon, dass die Erde eben ein Jammertal ist, wo man nur immer arbeiten und leiden könne, und später erst, nach dem Tode, käme man ins Himmelreich, zum „Spaß“.

Heute geht das dann so, dass man eben nach der Arbeit (dem „Jammertal“) dann die Freizeit hat (in der man frei sein darf, im Gegensatz zur Arbeitszeit – das „Himmelreich“), wo man sich dann – scheinbar frei, aber gesteuert von der in der Arbeit unterdrückten Sehnsucht, seine inneren Impulse und Möglichkeiten zur Geltung zu bringen – bis in wüsteste (Selbst-)Zerstörung und Verschwendung „ausleben” kann.

Verfolgt man die Argumentationen, die die immer neuen Regelungen derzeit begleiten, so kann man leicht erkennen, dass die Ideologie „erst kommt die Arbeit, dann das Vergnügen“ offenbar das Denken mancher an den obrigkeitlichen Entscheidungen Beteiligter regiert. Es liegt das ja auch im Grundzug unserer Zeit. Aber es liegt dann auch an uns, uns allen, ob wir damit weiterhin einverstanden sind und – auch in unserem ureigensten Denken – mitmachen.

Freiheit kann heilen

Auf ein Weiteres muss hier noch hingewiesen werden; ausführen kann ich es hier nicht. Es ist doch eigentlich eigenartig, dass aus geistigen Tätigkeiten, wie zum Beispiel der ärztlichen, die ja darauf verpflichtet ist, in Ansehung des Einzelnen Leidenden heilend zu helfen, inzwischen Computermodelle geworden sind (also keine menschliche Arbeit mehr), die ausrechnen, welche Zukunft sich aus dem bisherigen Gang der Dinge ergibt, und diese Ausrechnungen dann herangezogen werden, um rechtliche Festlegungen zu treffen, die dann für alle Menschen gelten. Der Mensch – ein Teil eines Computermodells? Wo ist da Menschenwürde?

Derselbe Staat, der sich hier anmaßt, Heiler der Gesellschaft sein zu wollen, verteilt dann auch die Mittel, nach seinem Gusto, damit seine Art der Heilung auch erfolgen kann. Das ist wie der Säufer, der zur Heilung seines Alkoholismus immer neue Schnapssorten erfindet und behauptet, die würden ihn jetzt vom Saufen abbringen.

Dieser Staat sollte lieber selber einen Heiler suchen, bei den Menschen, die ihn ausmachen, um sich selbst in etwas zu transformieren, was den Menschen und ihren Bedürfnissen entspricht, also menschenwürdig ist. Er ist zur Zeit nämlich krank, sterbenskrank. Aber er braucht einen Heiler, der sich frei machen kann von dem Glauben, alle Bereiche des menschlichen Daseins sollten zentral von einer Stelle aus – dem Staat nämlich – reguliert werden.

Die geistige Tätigkeit der Menschen, also alles, was sich aus den individuellen Begabungen und Fähigkeiten der Menschen ergibt, ist individuell, und muss frei walten können. Dann wird auch der Mensch seine Fähigkeiten mit Freude in den Dienst der Allgemeinheit und der anderen stellen. Jedes Gesetz, jede Vorschrift, die hier angibt was und wie der einzelne zu sein und zu arbeiten hat, kann die volle Wirksamkeit des einzelnen Menschen nur behindern. Aber dies Gesetz der Freiheit gilt eben nur in Bezug auf die besonderen Begabungen und Fähigkeiten jedes Einzelnen.

Wieviel von seinem Individuellen er für die Allgemeinheit zu geben hat, das muss für alle Menschen gleich sein, also eine demokratisch festzulegende Rechtsregel, im Hinblick auf die vorhandenen Bedürfnisse der Menschen. Und das Wirtschaften ist dann eigentlich nur noch das Hervorbringen all dessen, was aufgrund der natürlichen Verhältnisse und der von den Menschen geleisteten Arbeit zur Befriedigung dieser vorhandenen Bedürfnisse möglich und nötig ist. Das kann nur in vertrauensvoller Zusammenarbeit im Blick auf die Gesamtheit des Bedarfs erfolgen.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

So bekommen die drei Ideale der französischen Revolution eine genauere Bedeutung:

Freiheit im Gebrauch der individuellen Fähigkeiten, im geistigen Anteil aller menschlichen Tätigkeit also; Gleichheit bei der Regelung all dessen, was für jeden Menschen gleich ist (die Fähigkeiten und Begabungen sind ebenso nicht gleich wie die Bedürfnisse, also nicht Inhalt demokratischer Festlegungen); Brüderlichkeit im gemeinsamen Hervorbringen all dessen, was zur Befriedigung der insgesamt vorhandenen Bedürfnisse nötig ist, auf der Grundlage der natürlichen Gegebenheiten.

Man kann auf dieser Grundlage immer weiter denken, bis in viele Einzelheiten hinein. Das Konkrete wird immer von den tatsächlich vorhandenen Menschen, den Naturgegebenheiten und dem mehr oder weniger effektiven Umgang damit abhängen. Das ist dann eben das konkrete Leben, aus dem sich die Einzelheiten erst ergeben.

So können sich dann Lösungen finden für viele ernsthafte Probleme, vor denen die Menschheit steht. Der Anfang ist aber immer da, wo jeder Einzelne anfängt, umzudenken, und davon abkommt, die Arbeitskraft des Menschen ebenso als Ware anzusehen wie die Erde, die unser aller Leben erst ermöglicht, und wo die Achtung vor der Freiheit des Individuums – nicht seiner Willkür! – den rechten Ort bekommt.

Rudolf Steiner in den Katastrophen unserer Zeit

Solche Gedanken stellte Rudolf Steiner bereits Anfang des 20. Jahrhunderts, im allgemeinen Chaos nach dem ersten Weltkrieg dar und führte sie aus, unter dem Namen der „Dreigliederung des sozialen Organismus“ Sie wurden damals nicht berücksichtigt.

Die zweite Katastrophe folgte dann auch bald: die allgemeine brutale Barbarei der Mitte des 20. Jahrhunderts, die schlimmer wurde als die vorige Katastrophe, und die gipfelte im Abwurf zweier Atombomben in Japan. Auch damals wurden zumindest in Deutschland Gedanken laut, die an Rudolf Steiners Darstellungen anknüpfen wollten. Sie blieben unberücksichtigt.

Es ist offensichtlich, dass die kommende, auch durch die Handlungen der Mächtigen zur Zeit aktiv vorangetriebene Katastrophe (in vielen, in unseren Medien weitgehend unberücksichtigten Ländern ist sie bereits da) noch tiefgreifender und furchtbarer werden kann als alles bisherige, auf allen Gebieten: Natur, Gesellschaft, Wirtschaft – alles Leben auf der Erde. Wer sich standhaft weigert, eine Lebensweise zu ändern, die ganz offensichtlich auf Lebenslügen basiert (Käuflichkeit von Erde und Mensch, Mißachtung des freien Menschen) – die Menschheit insgesamt also, das heißt jeder Einzelne von uns – muss damit rechnen, dass die Katastrophen sich immer weiter aufschaukeln werden, und das Menschsein ganz allgemein vielleicht unmöglich machen werden.

Ist es nicht erstaunlich, was man alles an tiefen Betrachtungen aus so einem einfachen Satz hervorholen kann: „Die Pflicht ist erlaubt, der Spaß ist verboten“?

© Stefan Carl em Huisken 2021

1 Konsequent gedacht, müsste man dann allerdings auch festhalten, dass sie nichts Bedeutendes tun.

2 Unter „Demokratie“ wird hier allerdings nicht die derzeitig überall vorherrschende Parteien- und Funktionärsoligarche verstanden, die heute oftmals mit dem Wort bezeichnet wird. Diese Art der Beherrschung von Untertanen sollte wohl eigentlich mit dem Ende des 19. Jahrhunderts schon als überholt gelten; leider hat sich diese Einsicht bisher noch nicht durchgesetzt.




Dämonisierte Zone „Corona“

Die Situation, in die die menschliche Gesellschaft derzeit geraten ist, scheint aussichtslos. Gespalten wie nie ziehen die Parteien übereinander her und bekriegen sich, ohne jede Aussicht auf Verständigung. Jede Seite betont die Schuld der anderen an dieser Situation. Immer ist es die andere Seite, die jede Einigung torpediert, indem sie nicht tut, was man ihr als Vorbedingung jeder Einigung vorschreiben möchte. Das ist die eigentlich gefährliche Seuche, eine „dämonisierte Zone“.

Corona-Gläubige und Corona-Leugner

Die Bezeichnungen, die die Opponenten einander geben, sprechen für sich. Die eine Seite („Gläubige“) weiß natürlich, dass sie recht hat und im Besitz der Wahrheit ist. Daher kann jeder, der dies nicht akzeptieren will, nur ein „Leugner“ sein, jemand, der Tatsachen einfach abstreitet. Und deswegen ist der Vorwurf, „gläubig“ zu sein, ein völlig infamer Angriff – man weiß doch um die Tatsachen. Und die andere Seite weiß eben die Wahrheit auch: dass sich nämlich bei aufrechtem Wahrheitsstreben alles anders darstellt als die andere Seite behauptet, und diese deswegen nur aus „Gläubigen“ bestehen kann. Notabene: Jede Seite befindet sich aus eigener Sicht im Besitz der Wahrheit, die aber der Wahrheit der anderen Seite entgegengesetzt ist.

Die inhaltlichen Argumente, mit denen da übereinander her gezogen wird, können an dieser Stelle beiseite gelassen werden. Wo es zwei Wahrheiten gibt, die sich unversöhnlich gegenüberstehen, nützt eine dritte wenig bis nichts. Einzig die Frage nach der Grundlage der „Wahrheiten“ beider Seiten kann vielleicht helfen, das beiden Seiten Gemeinsame ausfindig zu machen.

Was ist Wahrheit?

Als Wahrheit kann eigentlich nur dasjenige bezeichnet werden, was für jeden Menschen gleichermaßen bei entsprechender Bemühung als Tatsache erkennbar ist. Alles andere sind nur Teilwahrheiten, subjektives Für-wahr-Halten (also Glauben) und damit Grundlagen für einen handfesten Streit.

Nun ist seit Immanuel Kants „Kritik der reinen Vernunft“ die Auffassung zur (fast) alleinherrschenden Lehre geworden, dass die wahre Wirklichkeit (bei Kant das „Ding an sich“) unerkennbar ist für den Menschen. Will man also etwas erkennen, bleibt nur die Möglichkeit, sich etwas über dieses „Ding an sich“ zu denken und dieses durch Beispiele, Belege, Experimente etc. möglichst plausibel zu machen. Wirkliches Wissen entsteht dadurch aber nicht. Es bleibt letztlich nur eines: an das Erdachte, an die so erläuterte Theorie also, zu glauben.

Das menschliche Erkennen unserer Zeit aus dieser Kalamität hinauszuführen, war Intention Rudolf Steiners. Ich habe Aspekte davon in diversen Beiträgen auf meiner Website und anderswo versucht zu verdeutlichen, unter anderem in „Wahrheit, Glaube, Weltanschauung – Wo ist Wirklichkeit?“ und „Was Not tut – Wohin führt die „Krise“?“. Die eingehenden, grundlegenden Darstellungen dazu finden sich bei Rudolf Steiner in seinen Schriften „Wahrheit und Wissenschaft“ und „Die Philosophie der Freiheit“. Darauf kann ich hier nur hinweisen.

Ohne Denken keine Wahrheit

Der Ansatz zur Suche nach der Wahrheit gelingt nur an der Stelle, die für alle Erkenntnis unverzichtbar ist: dem eigenen Denken. Ohne Klarheit darüber, wie das eigene Denken vonstatten geht und wie es in kontrollierte, bewußte Bahnen gebracht werden kann, ist ein Urteil über die Ergebnisse dieses Denkens nicht möglich.

Ganz ungeachtet der Frage, ob wir alles andere erkennen können oder nicht, steht eines für das Denken außer Frage: da wir es selber tun müssen, um es überhaupt untersuchen zu können („Denken über das Denken“), liegt es grundsätzlich in unserer Macht, es so zu lenken, wie wir es wollen. Wir können es, sonst könnten wir es gar nicht bemerken.

Gleichzeitig hat das „Denken über das Denken“ aber auch den Vorzug, dass dafür nichts anderes nötig ist, als das Denken selbst. Alle Voraussetzungen, die wir machen können, sind letztlich – erdacht. Und damit sind diese Voraussetzungen dann offensichtlich von uns selber so gewollt, ebenso wie die dadurch aufgerichteten Schranken für das Erkennen. Oder wir verzichten darauf, solche Voraussetzungen zu machen und versuchen energisch, das Denken nur aus sich selbst zu verstehen.

Das Problem kann an dieser Stelle nicht eingehend bearbeitet werden – allein die Identifizierung des Problems hilft aber im Gang der Darstellung an dieser Stelle weiter.

Wissen und Glauben

Man kann nämlich fragen, inwieweit die heute sich so unversöhnlich gegenüber stehenden Parteien der „Gläubigen“ und „Leugner“ im Irrtum sind, wenn sie davon ausgehen, selber die Wahrheit besser zu kennen als die andere Seite. Beide Seiten behaupten, auf der Grundlage gängiger wissenschaftlicher Modelle und Methoden der Wahrheitssuche zu arbeiten, und beide werfen jeweils der anderen Seite vor, dies nicht oder nicht ausreichend zu tun. Es ist offensichtlich: keiner hat tatsachlich Wahrheit.

Es ist ja kein Wunder, dass eine Einigung so kaum möglich erscheint. Die „Wahrheiten“ beider Seiten unterscheiden sich zu sehr, als dass auf der Ebene der jeweils für wahr gehaltenen Inhalte eine Annäherung möglich wäre. Das Problem liegt darin, wie die beiden Seiten denken, das heißt also auch, wer die einzelnen Akteure des Streites sind und wie sie urteilen. Das eigentliche Problem ist also weniger eines der Inhalte, als eines der Personen und ihrer Denkwege in Bezug auf die Wahrheit.

Person und Verhalten

Nun gehört es ja zu jedem einigermaßen eskalierten Streit, dass die Streitenden auch über die Person des jeweils anderen genauer Bescheid zu wissen vermeinen als der andere selbst. Das sorgt dann dafür, dass der Streit weiter eskaliert, denn es geht auch hier weiter um Inhalte. Jedenfalls macht man die unterstellte Persönlichkeitsstruktur des jeweils anderen zu einem solchen bestreitbaren Inhalt. Allein die Bezeichnungen, die für einander gewählt werden, machen dies deutlich.

Es kann aber niemand wirklich wissen, was auf welche Art und Weise Grundlage der Persönlichkeit des anderen ist. Wir haben als möglichen gemeinsamen Ausgangspunkt nur das dem jeweils anderen gezeigte Verhalten. Das läßt sich beschreiben, und Konsequenzen daraus lassen sich ableiten, auch immer so, dass dabei Interpretationen über mögliche Absichten vermieden werden können (vgl. dazu Dieter Brüll: Der Anthroposophische Sozialimpuls. – Schaffhausen, 1984).

„Bewußtseinslöcher“

Verweigert eine Seite das Gespräch, gibt also auch auf Fragen keine oder für die andere Seite unzureichende Auskunft über Gründe und Anlässe ihres Verhaltens, so sorgt sie dafür, dass auf der anderen Seite „Bewußtseinslöcher“ entstehen, Bereiche also, für die es nur Fragen gibt, aber keine Antworten. Solche „Bewußtseinslöcher“ sind dann Anlaß für Spekulationen, da ja die andere Seite sich das Verhalten nicht anders erklären kann. Und das eigene Verhalten dieser anderen Seite wird sich dann natürlich auch an diesen eigenen Spekulationen orientieren und dadurch dazu neigen, die Tatsachen entsprechend zu deuten.

„Bewußtseinslöcher“ zu schaffen ist daher eines der besten Mittel, Konflikte zu eskalieren, da hierdurch davon abgelenkt wird, die jeweils andere Seite wirklich zu verstehen. Es ist dies also ein Täuschungsmanöver, das den anderen in die Unsicherheit stößt und die eigenen Intentionen verschleiert. Dadurch wird eine Zone geschaffen, die keine der Konfliktparteien beherrscht, die aus dem Bewußtsein entschwindet. Wer darauf aus ist, Konflikte zu eskalieren, kann kein besseres Mittel verwenden. Genau dies kann dann wieder als Vorwurf verwendet werden und Anlaß sein, darüber zu spekulieren, warum jemand an der Eskalation des Konfliktes interessiert sein könnte. Die Sache gewinnt so mit ziemlicher Sicherheit „Fahrt“.

Gleichzeitig ist der Vorwurf an die andere Seite, auf diese Weise eskalierend zu agieren, der letztlich „ultimative“ Vorwurf, um den anderen zum endgültig „Bösen“ zu erklären. Wer „Bewußtseinslöcher“ schafft, will den Konflikt, interessiert sich gar nicht für meine Intentionen und Bemühungen und will mich nur beherrschen! So kann man dann den Vorwurf formulieren. Aber: ist der Wille des anderen ein wirklich von ihm selber ausgehender bewußter, freier Wille? Weiß ich wirklich, was den anderen bewegt? Oder ist das nur meine Spekulation?

Interesse

Das kann ich nicht wissen, solange ich ihn nicht mit wirklichem Interesse danach frage, welche Beweggründe der „Gegner“ hat, und sein Antwortverhalten genau und unvoreingenommen beobachte. Das würde aber einschließen, dass ich meine eigenen Meinungen und Ansichten nicht von vornherein als seinen überlegen ansehe. Denn wirkliches Interesse setzt voraus, dass ich zunächst ohne Vorurteile versuche zu verstehen, was der andere mir sagt. Ich muß also mindestens als möglich ansehen, dass die Aussagen des anderen mich überzeugen.

Wirkliches Interesse scheinen mir heutzutage beide einander bekämpfende Seiten nicht für einander zu entwickeln. Jeder beurteilt das Verhalten des anderen nach seinen eigenen Gesichtspunkten. Und die scheinen sehr verschieden, so verschieden wie die möglichen Haltungen zum Geschehen.

Handelt der eine danach, was er eben denjenigen Wissenschaftlern glaubt, zu denen er – aus welchen Gründen auch immer – Vertrauen hat, und interessiert sich dabei eigentlich gar nicht besonders für die wissenschaftlichen Grundlagen von deren Aussagen, sondern für Handlungsanleitungen, so kann der andere von moralischen Gesichtspunkten ausgehen, die er für alle Wissenschaft als notwendig ansieht, und die er eben im Verhalten der anderen Seite verletzt sieht. Kurzum: der Streit ist sofort wieder auf der inhaltlichen Ebene, der Frage nach der „Wahrheit“ heutiger „Wissenschaft“, die redlicherweise – wie gezeigt wurde – niemals die wirkliche Wahrheit für sich beanspruchen kann.

Der Täuscher

Naturlich kann derjenige, der sich von seinen Vertrauens-Wissenschaftlern leiten läßt, getäuscht werden. Die Folge wird dann sein, dass diejenigen, die die Täuschung darin vermeinen zu erkennen, sofort dagegen halten und beginnen, dem jeweils anderen bewußte Täuschung zu unterstellen – aus welchen Gründen denn auch immer. Und schon ist der Konflikt losgetreten.

Was dabei aber vergessen wird: Beide Seiten denken über die ihnen erscheinenden Tatsachen. Sie denken nur unterschiedlich. Aber da sich beide Seiten nicht bewußt machen, dass ihr eigenes Denken es ist, was ihre Welt- und Menschenauffassung bestimmt, und daher der andere in genau derselben Situation ist, streiten sie sich über Inhalte und versuchen nicht, die Denkwege des jeweils anderen soweit mit zu gehen, dass sie einander verstehen lernen können.

Die eigentliche Täuschung liegt darum nicht im Inhaltlichen, da also, wo vielleicht eine Seite sich von irgendwelchen als wissenschaftlich deklarierten Meinungen verleiten und täuschen läßt und die andere ihre Wahrheits-Moral absolut setzt, sondern vielmehr in der Tatsache, dass beide Seiten sich nicht darüber im Klaren sind, dass es hier offenbar einen dritten Akteur gibt, der die Szenerie beherrscht.

Der dritte Akteur

Dieser dritte Akteur ist auch schwierig zu erkennen, und für Menschen, die „Denken“, „Bewußtsein“ und „Wollen“ eigentlich nur in Bezug auf Menschen für relevant halten, eigentlich unerkennbar – das ist seine Stärke, durch die er überall, wo er auftritt, sofort Zwietracht hervorruft und so dafür sorgen kann, dass niemand ihn bemerkt: man ist zu sehr mit sich selber beschäftigt.

Wer aber zumindest einmal versuchsweise die heute ja „herrschende Lehre“ vom Menschen als einer gewissen Menge strukturierter organischer Masse, die aus mehr zufälligen oder abstrakt-naturgesetzlichen Gründen in sich die Illusion einer selbständigen Wesenheit hervorruft, beiseite legen kann, kommt hier entscheidende Schritte weiter. Es liegt ja auch auf der Hand: die gerade charakterisierte Auffassung vom Menschen ist mittels Denken entstanden und setzt dieses voraus. Alles Begreifen setzt das Denken voraus. Das bedeutet aber auch, dass der denkende Mensch zunächst ein Denkwesen ist, und alle weiteren Aussagen auch über sich selbst nur auf dieser Grundlage treffen kann.

Damit ist aber der äußere Leib des Menschen nicht die Voraussetzung seiner Existenz schlechthin, sondern nur die Voraussetzung seiner Existenz in der sinnlich wahrgenommenen Welt und damit selber eine Wahrnehmung, über die man sich nur mittels den Denkens Erkenntnisse verschaffen kann. Der Mensch ist also Denkwesen, oder – um es für den üblichen Sprachgebrauch handlicher zu sagen – ein Geistwesen, das durch einen Leib in der Sinneswelt lebt. Damit werden aber auch Geistwesen denkbar, die keinen äußeren Leib haben, nicht sinnlich faßbar sind, und dem Menschen daher nur in seinem Inneren, im Denken, Fühlen und Wollen begegnen können.

Solche Geistwesen, die nur durch die Seelentätigkeiten des Menschen in die Menschen-Welt hineinwirken können, nannten die Griechen „Dämon“. Man kann die Konfliktzone, die von einem solchen Wesen regiert wird, darum „dämonisierte Zone“ nennen, ein Ausdruck, den der anthroposophische Konfliktforscher und Konfliktberater Friedrich Glasl prägte. Einen treffenderen Ausdrück sehe ich für das aktuell weltbeherrschende Konfliktfeld nicht (vgl. Friedrich Glasl: Konfliktmanagement. Bern; Stuttgart: 2002, darin v.a. Kap. 2.2, 8.4 und 10.5). Der Konflikt ist völlig entgleist, und keine der Konfliktparteien kann ihn noch aus sich selbst beherrschen.

Weltherrscher

Wer bis hierher hat folgen können, wird leicht einsehen, dass dieser dritte Akteur – der im Übrigen nur durch das Denken auffindbar ist – in beiden Parteien der Menschen wirkt, die sich derzeitig „bekriegen“ („Wir sind im Krieg“, sagte Macron zu Beginn der sogenannten Corona-Krise), und dadurch derzeit die Welt beherrscht. Er verleitet die eine Seite, meist repräsentiert durch dei staatlichen Regierungen, sich von Wissenschaftlern leiten zu lassen, die möglicherweise selber gar nicht wissen, inwieweit sie von irgendwelchen anderen Interessen beeinflußt sind, und inwieweit sie in ihrer Art, Wissenschaft zu betreiben, die keine Wahrheit liefert, von den Einflüsterungen des dritten Akteurs geprägt sind.

Wer Wissenschaft als Mittel ansieht, die Welt möglichst weitgehend den eigenen Interessen nutzbar zu machen, wird nichts Anrüchiges daran finden, deren Ergebnisse einfach zu nutzen und nicht weiter zu fragen. Er lebt gewissermaßen instinktiv eine Art Egoismus aus, ohne Verständnis dafür, wie zerstörerisch das wirken kann. Dabei wird er allerdings nicht darauf aufmerksam, wie der „Täuscher“ schon in der ausschließlichen Orientierung auf die Wissenschafts-Inhalte und im Unberücksichtigt-Lassen der Rolle des Denkens wirkt.

Wer andere Inhalte in den Vordergrund stellt, gemäß seiner Auffassung von Wissenschaft, die seinem eher moralgeprägten Welt- und Menschenbild besser entspricht, der wird das Verhalten des anderen als unverzeihlich ansehen, als unmoralisch und schädlich. Aber er stellt damit seine Weltsicht über die des anderen, gebärdet sich ebenso als Egoist.

Glaubt der eine an den Nutzen von Wissenschaft zum Umgang mit der Welt und sieht darin ihren Zweck erschöpft, stellt der andere seinen Glauben an die Notwendigkeit und Gültigkeit bestimmter moralischer Systeme in den Vordergrund, die er für unverzichtbar hält. Beide scheinen in der Welt unversöhnlich. Beide vergessen jedoch die Tatsachen gleichermaßen: beide sind doch vorhanden, also unbestreitbar tatsächlich vorhandene Menschen. Und diese tatsächlich vorhandenen Menschen müssen Wege finden, miteinander auszukommen, ohne den jeweils anderen zum „Unmenschen“ zu erklären. Das kann nur gelingen, wenn die Rolle des Denkens beim Entstehen jeder Weltanschauung berücksichtigt wird. Im Denken liegt das Verbindende (vgl. Rudolf Steiner: Die Philosophie der Freiheit. – Dornach, 1973, S. 165 f).

Wahrheit wächst nur gemeinsam

Was not tut, wenn man die derzeitige Situation einer Heilung zuführen will, ist also weder besondere Handfertigkeit im Nutzen von wissenschaftlichen Ergebnissen noch die Einigung auf ein irgendwie übergeordnetes Moralsystem. Notwendig ist vielmehr die Abkehr vom Glauben an Weltanschauungen – eigene und fremde – und die gemeinsame Bemühung, die Tatsachen hinzunehmen und zu verstehen. Und diese Tatsachen sind eben

  • die Notwendigkeit des „Denkens über das Denken“, um die Bedeutung des Gedachten beurteilen zu können
  • die Existenz eines nicht sinnlich wahrnehmbaren „dritten Akteurs“,der vor allem durch die Täuschung wirkt, und dem Menschen die Wahrheit verschleiert, auch und vor allem die Wahrheit des Denkens und damit seiner selbst
  • nützlichkeitsorientierter ebenso wie die moralorientierter Hochmut und Egoismus, die beide nur entstehen, weil das Wirken des Täuschers nicht gesehen wird
  • jeder individuelle Mensch, der unabhängig von seiner Weltsicht, Verführtheit oder Selbständigkeit doch immer Mensch ist und bleibt und als solcher Tatsache ist.

Erkenntnis der Wahrheit kann also nur entstehen, wenn gemeinsam, ausgehend von der für jeden gleichen Situation beim „Denken über das Denken“ daran gearbeitet wird. Da wird vor allem die Wirksamkeit des „dritten Akteurs“, des „Täuschers“ einer ausführlichen Betrachtung unterzogen werden müssen, denn er ist es, der die Menschheit in die Entzweiung treibt, der das Prinzip von „teile und herrsche“ zur Geltung bringt. Er ist sozusagen der „gemeinsame Feind“ der Parteien, der aber selber auch nur überwunden werden kann, indem man ihn nicht zum neuen, vielleicht sogar gemeinsamen „Gegner“ macht, sondern die von ihm beherrschte „dämonisierte Zone“ mit Bewußtsein durchdringt, und ihn nach und nach verstehen lernt.

Eine Art Fazit

Gewiß, man kann sagen, das sei alles bloß erdacht. Ist es ja auch, und gerade deswegen ist es eine Wirklichkeit. Wer fest dabei verharrt, dass es „Akteure“ nur als Wesen aus Fleisch und Blut geben könne, der wird in dem Hinweis auf den „dritten Akteur“ wenig finden können. Selbst wenn man noch zugeben kann, dass so ein Wesen ja von den Menschen subjektiv konstruiert werden kann, um sich die Welt zu erklären und dabei nicht nur tote Naturgesetze aufzustellen, wird man allerdings der Sache nicht gerecht.

Wer Menschen täuschen kann über ihre eigenen Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, der Wahrheit nahe zu kommen, wer dies gekonnt nutzt, um die Menschen in Parteien zu zerspalten, so dass sie dabei den Spalter übersehen, und wer den Menschen gerade dadurch die Möglichkeit rauben will, eine Zukunft zu erbauen, die sie selber wollen können, der ist mehr als nur eine Ansammlung toter Gesetzmäßigkeiten.

Und er lenkt den Menschen gerade von dem ab, was ihm am nowendigsten ist: von dem Blick auf die eigene Geistnatur und die damit gegebene Möglichkeit, als Geistwesen unter Geistwesen leben zu lernen. Das ist, was ich all denjenigen zurufen möchte, die weiterhin darauf aus sind, einander zu bekriegen und vor allem die eigene Weltsicht über die des jeweils anderen zu stellen.

Alle Krisen der neueren Zeit lassen sich darauf zurückführen, dass die Menschen nicht bereit sind, aus ihrem unmittelbar-naiven irdischen Erleben bewußt und durch selbst kontrollierte eigene Bemühung im Denken zu einer Erweiterung ihrer Lebens- und Erkenntnismöglichkeiten aufzusteigen. Wer sich nicht bereit macht, für die eigene Zukunft als Geistwesen (das endet ja nicht mit dem Ablegen des Leibes) sich auch einzusetzen, wird diese Zukunft vermutlich nicht haben können; sie entsteht ja nur aus dem bewußten und gewollten Zusammenwirken der tatsächlichen, denkenden Menschen.




Wahrheit, Glaube, Weltanschauung – Wo ist Wirklichkeit?

Die „wahre Wirklichkeit“ kennen wir nicht mehr. Wir können darüber nur spekulieren und Wahrscheinlichkeiten bestimmen. Wie finden wir wieder Wahrheit? Eine Frage, die uns gerade jetzt unter den Nägeln brennen sollte.

Welt-Anschauung

Die Dinge gehen heute ineinander über. Wir nehmen etwas wahr, indem wir es ergreifen mit den uns zur Verfügung stehenden äußeren (sinnlichen) und inneren (seelischen) Mitteln. Was wir wahrnehmen, ist notwendig und unabänderlich für jeden Menschen einzigartig, und immer verschieden vom Wahrnehmungsbereich jedes anderen Menschen. Es kann eben niemand genau die inneren und äußeren Wahrnehmungen eines anderen Menschen haben.

Außerdem hat jeder seine eigene Art, das Wahrgenommene anzuschauen. Die ist ebenso individuell, denn sie ist aufgrund des individuellen Werdeganges anhand der vergangenen, sich ständig ändernden Wahrnehmungen geworden, hat sich daran herangebildet. Da schon der ganze Kreis der aktuellen Wahrnehmungen in jedem Augenblick individuell und mit dem keines anderen Menschen völlig übereinstimmend ist, gilt dies natürlich erst recht für die Folgen der vergangenen Wahrnehmungen, unsere Weltanschauung nämlich, die daran im Laufe der Zeit heranreift. „Weltanschauung“ ist hier ganz wörtlich gemeint als die Art, die Welt anzuschauen, als der Beitrag des Einzelnen also zum Aufbau eines gegliederten Ganzen auf der Grundlage der inneren und äußeren Wahrnehmungen.

Da nun dasjenige selbst, was uns zu den Wahrnehmungen verhilft, sie erst ermöglicht, für uns nicht unmittelbar und vollständig zum Kreise der Wahrnehmungen gehört – wir nehmen ja an einem Vogel zum Beispiel nicht unmittelbar wahr, was dieses Tier auf welche Art und Weise so konfiguriert hat, wie es uns jetzt in der Wahrnehmung entgegentritt, und wie unsere eigene (Sinnes-)Organisation daran mitwirkt – sind wir zur Erklärung darauf angewiesen, von uns selbst aus durch unser Denken den Wahrnehmungen einen Zusammenhang beizulegen. Dies tun wir aus unserer mehr oder weniger entwickelten Welt-Anschauung heraus. Ob dieser Zusammenhang gänzlich neu von uns selbst erdacht ist, oder anders, zum Beispiel durch Nachdenken von mitgeteilten Gedanken anderer in uns vorhanden ist, spielt zunächst keine Rolle. Ich muss immer die die Erklärung selber durch mein Denken mit den Wahrnehmungen verbinden.

Wahrscheinlichkeit

Nun stellt sich hier ein Problem: ob nämlich der von mir den Wahrnehmungen beigelegte Zusammenhang den Tatsachen entspricht, kann ich zu keinem Zeitpunkt zweifelsfrei feststellen. Die Tatsachen (oder sind es Wesen?), die den Wahrnehmungen zugrunde liegen, nehme ich ja nicht unmittelbar vollständig wahr, habe also keinen Maßstab, die Tatsachentreue meiner Erklärungen zweifelsfrei zu überprüfen. So bleibt zunächst alles im Bereich von mehr oder weniger großer Wahrscheinlichkeit. Wie das Wort schon sagt: es scheint alles mehr oder weniger wahr. Es ist aber keine Wahrheit.

Wahrhaftige wissenschaftliche Tätigkeit der heutigen Zeit wird immer damit rechnen, dass sie über die eigentlichen Tatsachen der Wahrnehmungswelt in der Regel nur Wahrscheinlichkeiten feststellen kann. Diese Feststellung selbst allerdings – dass wir in der Regel über den Zusammenhang der Welterscheinungen nur Wahrscheinlichkeiten konstatieren können – ist eine Ausnahme-Tatsache. Denn sie kann sich jeder Mensch gleichermaßen selber aufgrund der vorangegangenen Betrachtungen klarmachen. Ihre Wirklichkeit braucht zu ihrer Bestätigung nichts außer sich selbst. Wir werden darauf zurückkommen.

Bei allen anderen Dingen haben wir zunächst nur Wahrscheinlichkeiten. Da wir aber im Alltag mit den Dingen der Welt umgehen wollen und müssen, glauben wir einfach daran, dass die aus unserer Welt-Anschauung entstandene Erklärung der wirklichen Wahrheit schon genügend nahekommt. Für den Alltag reicht dies in den meisten auch Fällen aus. Die eigentlich den Wahrnehmungen zugrundeliegenden (uns ja noch unbekannten) Tatsachen und Wesen geraten dabei in Vergessenheit, und der Glaube, in dem von uns Erlebten und Angeschauten die ganze Wirklichkeit zu haben, wird immer mächtiger. Es bleibt aber ja dabei: diese Wirklichkeit ist eine geglaubte, keine tatsächliche. Mit solchem Glauben leben wir also in etwas, was nicht wahr ist, in einer Lüge also, einer Lebenslüge.

Darin liegt aber der Grund für unsere Angreifbarkeit, für Verunsicherung, Streit und Machtstreben. Wer nicht sicher weiß, gerät sofort in Gefahr, aus seiner Bahn geworfen zu werden, wenn ihm etwas begegnet, was seiner geglaubten Welt-Anschauung widerspricht. Darauf kann man nun unterschiedlich reagieren. Wer ernsthaft nach der ganzen Wahrheit sucht, wird in jeder Infragestellung seines eigenen Weltbildes (des jeweils aktuellen Ergebnisses seiner gewordenen Welt-Anschauung) eine Gelegenheit sehen, sich weiter zu entwickeln und der wirklichen Wahrheit näher zu kommen. Nicht jeder hat allerdings die innere Kraft dazu, seine eigene Weltanschauung dauernd in Frage zu stellen, mit allen Konsequenzen, die sich daran knüpfen. Sind doch in die Bildung der eigenen Weltanschauung auch die eigenen Taten – einschließlich eventueller Irrtümer – mit eingeflossen. Die möglichen Alternativen zu einer solchen unvoreingenommenen Auseinandersetzung mit dem verunsichernden Neuen sind aber wenige: im Wesentlichen sind es Unterordnung unter das Neue, Fremde oder der Kampf dagegen.

Das Neue – „Corona“

Und genau das erleben wir zur Zeit: uns begegnet ein Neues, Unerwartetes unter dem Namen der „Corona“ (hier sind alle Aspekte gemeint, einschließlich der davon angeregten Handlungen der Menschen). Die Handhabung der Sache durch die öffentlichen Stellen einschließlich der Medien ist so, dass eine offene Auseinandersetzung unmöglich gemacht wird. Von der offiziell favorisierten abweichende wissenschaftliche Auffassungen („Welt-Anschauungen“) bleiben weitestgehend unberücksichtigt, so dass – auf dieser Ebene betrachtet – wirklich nur Gehorchen oder Kampf bleibt. Die Verweigerung jeder offenen Auseinandersetzung zwingt förmlich dazu und öffnet einen Raum für alle möglichen Dämonisierungen.

Und schon hat uns die Wahrnehmungswelt ein weiteres Mal getäuscht. Nicht nur, dass wir eine solche Situation, wie wir sie erleben, nicht erwartet hätten, sie uns also gleichsam „überrollt“ hat und wir Mühe haben, sie unserer Weltanschauung einzuverleiben; was uns hier erscheint will uns auch dazu bringen so oder so Stellung zu beziehen, zur Partei zu werden also. Denn alle Seiten berufen sich in ihren Darlegungen auf die Autorität der „Wissenschaft“ – aber immer bestimmte Ergebnisse oder Verfahrensweisen, die man entsprechend der eigenen Auffassung von dieser „Wissenschaft“ und ihren Aufgaben geltend macht. Die einzige Aussage, die im hier dargelegten Gedankengang eine sichere genannt werden kann – dass nämlich alle aus dem heutigen gewöhnlichen Bewußtsein hervorgehenden Welt-Anschauungen nur Wahrscheinlichkeiten geben – wird dabei unberücksichtigt gelassen.

Lässt man sich auf diese letzte Aussage wirklich ein, so erscheinen die Fraktionen, die sich der Sache gegenüber – der „Corona“ also – bilden, nur als Ergebnisse einer einzigen Tendenz: die Menschen zu spalten, in möglichst viele verschiedene Parteien. Das lenkt davon ab, was als Tatsache eigentlich offensichtlich ist, dass nämlich alle Parteien gleichermaßen die Wahrheit nicht kennen, nur Wahrscheinlichkeiten, und in der Folge ganz generell die Bereitschaft gering ist, in systematischer und ernsthafter Zusammenarbeit die Quelle für die „wahre Wirklichkeit“ zu suchen.

Das wäre ja die Frage nach dem Ausgangspunkt jener ersten, für alle Menschen gültigen Feststellung über die Endlichkeit und Unvollständigkeit jeder individuellen Welt-Anschauung. Wie kommt man eigentlich darauf? Wenn diese Einsicht für jeden Menschen gleichermaßen möglich ist, liegt doch gerade darin ein universelles Element, in dem der Keim gesucht werden könnte zu einer neuen, für jeden Menschen gleichermaßen zugänglichen Wahrheit jenseits der ansonsten unvermeidlichen Unterschiede in den Welt-Anschauungen und Welt-Bildern.

Jedes im Alltag vielleicht unvermeidliche Partei-Ergreifen lenkt ab von der Konzentration auf diesen, das Ganze in den Blick nehmenden Gesichtspunkt, von dem aus alle Menschen einerseits als (im Alltag) unfreie, gezwungene Darsteller im Rahmen einer weltweiten Inszenierung von Vereinzelung und Spaltung erscheinen können, andererseits jeder Einzelne zugleich zum Träger eines universellen Versöhnungsimpulses werden kann. Dafür braucht es aber ein Erwachen.

Erwachen

Dieses Erwachen bezieht sich auf den Kern jeder individuellen Weltanschauung, das menschliche Individuum selbst, das ICH. Durch dieses ICH und seine Tätigkeit erst wird aus den ungeordneten Wahrnehmungen eine Welt-Anschauung. Gewiss, wir machen uns allerlei Vorstellungen davon, was dieses unser ICH sei, allerdings: jede Vorstellung davon, wenn sie mir ins Bewußtsein dringt, ist bereits eine (innere) Wahrnehmung, ein „Etwas“, und trägt ihren Entwicklungsgrund nicht als wahrnehmbaren Anteil in sich. Den Aufbau einer solchen Vorstellung durchleben wir zwar, wissen also um unsere Beteiligung. Das ist aber unsere Betätigung, das eigene Tun, von dem wir erst das Ergebnis – die ICH-Vorstellung – als innere Wahrnehmung ins Bewußtsein bekommen. Derjenige, der dann diese Vorstellung denkend ergreift, ist bereits ein anderer als ihr Hervorbringer. Denn er ist Betrachter eines Gewordenen, nicht dessen schaffender Hervorbringer..

Insofern müssen wir also einsehen, dass wir als Denker, als Wahrnehmer für uns selber nicht wahrnehmbar sind. Für unsere Wahrnehmung sind wir sozusagen ein NICHTS. Was wir als Vorstellung hervorbringen, können wir erst im Nachhinein anhand des Ergebnisses erkennen, das Hervorbringen selbst erleben wir, durchleben wir im eigenen Tun, ohne es zunächst wahrnehmen zu können.

So kann uns das Erwachen für die eigene Unfähigkeit, die wirkliche Wahrheit als Ganze zu erkennen, zu einem Erwachen für ein Zweites führen: dass es nämlich außer der uns gegebenen Welt äußerer (sinnlicher) und innerer (seelischer) Wahrnehmungen eine zweite Welt fortwährenden lebendigen Hervorbringens gibt, deren ständig mitwirkendes Glied wir selber in unserem ICH sind. In dieser zweiten, zunächst nur wie im Negativ aufscheinenden Welt der schaffenden Ursachen sind wir vereint mit allen ebenfalls schaffenden Ur-Sachen und -Wesen der gegebenen Wahrnehmungswelt.

Schaffende Ur-Sachen

Diese Welt der schaffenden Ursachen ist nicht darauf angewiesen, dass jedes dort vorkommende Wesen auch einen eigenen, abgrenzbaren (sinnlichen oder seelischen!) „Leib“ in der Wahrnehmungswelt hat, durch den es wirken kann. Was in der Wahrnehmung auftaucht als abgrenzbarer „Erscheinungs-Leib“, kann durch Zusammenfließen verschiedener Ur-Sachen entstehen, die ansonsten, für sich genommen, unwahrnehmbar wären.

Ein Beispiel: Damit für einen Betrachter die Wahrnehmung eines Regenbogens entsteht, müssen vielerlei Einflüsse zusammenwirken: das scheinende Sonnenlicht (das für uns ja immer nur dann wahrnehmbar wird, wenn es auf etwas auftrifft, von dem es reflektiert wird), das Vorhandensein von Wassertropfen in der Luft, und vor allem ein besonderes räumliches Verhältnis von Lichtquelle, Wassertropfen und Betrachter zueinander – um nur einige wichtige Einflüsse zu nennen. Welche Ursachen, welche schaffenden Wesen haben all diese Verhältnisse so zusammengeführt dass im Betrachter die Wahrnehmung des Regenbogens entsteht? Selbst schwer ergründbare Fragen des individuellen Schicksalsverlaufes des Betrachters können hier eine Rolle spielen, seine eigenen, wirkenden Willensimpulse und ihre Quellen ebenso wie prinzipiell naturgesetzlich erklärbare Tatsachen der Sinnenwelt. Ein ganzes Kompendium zunächst unwahrnehmbarer Einflüsse bringt also im konkreten Leben die zusammenhängende, abgrenzbare Erscheinung – den „Leib“ – eines Regenbogens für einen Betrachter zustande.

Der Versuch, dies alles durch Berechnungen und Überlegungen im Sinne der Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten zu einem glaubwürdigen Welt-Bild zusammen zu fügen, wäre heillos zum Scheitern verurteilt.

Das Wissen aber davon, dass die einzelne Wahrnehmung aus einer Welt der schaffenden Ursachen hervorgeht, deren erlebender Teil jeder Mensch durch sein ICH ist, kann uns den Weg weisen zu der Frage, wie uns diese Welt schaffender Ur-Sachen selbst ins Bewußtsein treten kann. Dann wären wir nicht mehr auf Spekulationen und Wahrscheinlichkeiten angewiesen, sondern könnten erkennend in der Wahrheit leben. Derjenigen Wahrheit im Übrigen, die durch ihren allen Menschen eigenen universellen Quell prinzipiell jedem Menschen offensteht, und aus der darum heilender Einfluss auf die ansonsten leicht in Widerstreit geratenden Welt-Anschauungen hervorgehen kann.

Auf diese „wahre Wirklichkeit“ oder „wirkliche Wahrheit“ weist Rudolf Steiner hin, wenn er vom „Denken“, der „Intuition“ oder der „geistigen Welt“ spricht.

Geistige Welt

In der geistigen Welt leben wir alle also ununterbrochen, durch unser Denken, unser Wollen, aber wir sind uns dessen nur in Ausnahmefällen bewußt. Sie erkennend zu betreten ist, was der heutigen Menschheit fehlt, um die immer schärfer aufflammenden Gegensätze zwischen den Menschen mit ihren je eigenen Welt-Anschauungen kontrollieren und heilen zu lernen.

Dieses Betreten der geistigen Welt kann – wenn es wirklich heilsam wirken soll – in der heutigen Zeit nur so vonstatten gehen, dass alle damit verbundenen Tatsachen und Vorgänge offen zutage treten und für jeden Menschen im Grundsatz nachvollziehbar sind. Es kann also nur auf dem Wege einer wirklichen Geisteswissenschaft geschehen. Diese Wissenschaft gibt es seit dem Wirken Rudolf Steiners, sie ist veröffentlicht und damit für jeden Menschen zugänglich, der dies will.

Begegnung mit dem Teufel

Wir tun gut daran, nicht zu vergessen, dass wir zum Erwachen für die geistige Welt geführt werden durch das beherrschende Auftreten des Zerstörerischen, Spaltenden, Zersplitternden. Insofern ist unser Erwachen auch „von des Teufels Gnaden“*. Dafür ist er uns gesandt. Ihn nur zu „beseitigen“ – kann man überhaupt zerstören, wessen Wesen die Zerstörung selbst ist, kann die Zerstörung also durch uns sich selbst vernichten, oder wäre dies nur ein „Vergessen“, ein Aus-dem-Bewusstsein-schaffen? – ihn also wegschaffen zu wollen, wäre keine Heilung. Dieser „Teufel“ muß überwunden werden, erlöst von dem Zwang zur Vernichtung. Dazu müssen wir ihn kennenlernen, ihm furchtlos entgegentreten, mit ihm umgehen lernen.

Dieser „Teufel“ kann so zu dem ersten rein geistigen Wesen werden, das in unserem Bewußtsein Gestalt annimmt. Die Wirkungen, die er durch die Menschen in die Welt setzt, können uns dadurch nach und nach erklärlich und handhabbar werden.

Das Erwachen führt uns daher zu ernsten Aufgaben. Wie wir darin bestehen, wird entscheidend sein dafür, ob aus der aktuellen Zersplitterung der Menschheit ein neuer, heilender Impuls hervorgehen kann.


Fürchte einzig des Dämons Lächeln,
Des Verfälschers tröstliche Glätte,
Des Lügners einleuchtende Wahrheiten,
Des Mörders Lebensklugheit,
Des Verräters daseinsbezwingende List,
Des Verleumders exakte Wissenschaft.

Fürchte nur des Dämons
Uralt unerkannte Gottähnlichkeit,
Die strahlende Maske,
Vielen tödlich.

Und fürchte ihn nicht!
Blick ihm ruhig ins trauernde Antlitz:
Von kalten Blitzen entzündet,
Gefurcht von Verachtung der Feigen,
Von Haß zerstört gegen
Einen ihm schweigenden Gott –
Blick ihm ruhig ins versteinerte Aug,
Immer steht er neben Dir.

Nicht schenkte ein Gott Dir sein Blut,
Daß in Furcht du erstarrst,
Leuchte dem Dämon zu späterer Erlösung,
Da er trug auch Dich,
Als Du ihm ähnlich warst.
Nun hilf ihm.

(Helmut Siegfried Unbehoven)


* Das Wort „Teufel“ hat den gleichen Ursprung wie der „Zweifel“, der alles in (mindestens) zwei zerfallen läßt.

© (außer abschließendes Gedicht) Stefan Carl em Huisken 2020




Was Not tut – Wohin führt die „Krise“?

Schärfer noch als bei allen vorangegangenen spaltet die derzeitige „Krise“ die Menschheit in Fraktionen auf, die sich immer erbitterter bekämpfen. Jede Seite will siegen – das Antisoziale überwiegt. Wie aber Wege zur Verständigung, zu einem gemeinsamen, freien sozialen Wollen finden? Ein Denkansatz.

Gespaltene Menschheit

Die Menschheit ist heutzutage gespalten: in Parteien, Fraktionen, Meinungen – bis hin zu den einzelnen Individuen. Jede „Krise“, jedes gemeinsame Problem bringt dies neu und immer stärker ins Bewußtsein. Das kann nicht anders sein, denn jeder Mensch will frei sein, frei denken und meinen. Es ist das ein gewisser antisozialer Zug in der heutigen Menschheit. Aber wie dann – so zerspalten – zusammenleben auf dieser einen Erde, die doch endlich ist, wo jeder mit jedem und alles mit allem zusammenhängt, wo alles, was der eine tut, den anderen auch betrifft?

Jede Meinung hat ihre Gründe, gute, weniger gute, schreckliche, wunderbare – ganz gleich, sie hat Gründe. Wer kann sich da aufschwingen und behaupten, er wisse alles besser als alle anderen, die eigenen Gründe seien die besten? Natürlich, es gibt Menschen, die das wollen. Aber was sie da wollen, trifft die Wahrheit nicht. Die anderen Meinungen bleiben ja vorhanden. Und das ist auch gut so. Denn Leben ergibt sich nur aus Verschiedenheit. Verschiedenheit erwirkt Widerstände, und aus Widerständen folgt Entwicklung, also Leben. Wären alle gleich, so gäbe es keine Entwicklung. Die Spaltung hat also auch einen Sinn

Kann man vielleicht tiefer fragen, um einer Antwort näher zu kommen?

Wissenschaft und/oder Wahrheit

Angenommen, es handele sich heute wirklich um eine extrem gefährliche Krankheit, die Millionen Menschen droht auszulöschen. Warum kommt sie dann gerade jetzt über die Menschheit? Wer bringt gerade jetzt zum Beispiel Regierende auf den Gedanken, sie müssten die Menschheit mit Angst überziehen, alternativlos? Warum dies gerade jetzt, und in dieser Form? Schließlich gab es auch vorher schon Krankheiten, Epidemien, Pandemien. Es wäre doch auch möglich, dass eine Mehrheit der Regierenden in einer solchen Situation andere Konzepte ersinnt? Oder, wenn man meint, die Sache wäre zentral geplant und gesteuert: warum wollen dann die mehr oder weniger unerkannten „Weltenlenker“ diese Sache gerade jetzt, in dieser Form? Wer gibt diesen Menschen gerade jetzt die Motive ein, die sie zu ihrem derzeitigen Handeln veranlassen? Welche Motive das sind, können wir ja nicht wissen, nur vermuten.

Das bringt uns auf des Pudels Kern, finde ich. Wir wissen einfach zu wenig von der Welt und dem Menschen. Wir haben nur Theorien, das heißt, wir unterstellen der Wirklichkeit, dass sie so wäre, wie wir uns das denken. Genauso unterstellen wir auch anderen Menschen, dass sie so seien, wie wir uns das denken. Was sollen wir auch tun, wenn wir doch nichts anderes zu Hand haben, um die Wahrheit zu finden?

Hier ist wohl eine Klarstellung nötig. Natürlich behaupten Wissenschaftler der verschiedensten Richtungen, dass sie die Wahrheit wüssten. Wenn es ihnen aber nicht möglich ist, mir das erlebbar zu machen, bin ich immer auf blinden Glauben angewiesen. Und der kann täuschen. Vielleicht täuschen diese Wissenschaftler sogar sich selber, glauben ihren eigenen Theorien, einfach, weil sie die Unsicherheit nicht ertragen, nicht zu wissen, nur Hypothesen und Wahrscheinlichkeiten zu haben und damit niemals die Wahrheit.

Die Spitzenkönner der heutigen Wissenschaft allerdings haben dies immer zugegeben: wir wissen nicht, wir können nur vermuten, und letztlich das für uns Plausibelste dann eben glauben. Man lese als ein hervorragendes Beispiel einmal Stephen Hawkings „Eine kurze Geschichte der Zeit“ (1). Die Wahrheit weiß eben keiner dieser Wissenschaftler, und – natürlich – wir kleine Dilettanten dann auch nicht. Was gibt uns also das Recht, unseren Glauben über den der anderen zu stellen? Und wenn wir das nicht finden können, ein solches Recht, wie soll dann jemals sinnvolles Zusammenleben der Menschen möglich werden, bei den Gegensätzen, die sich immer tiefer und immer öfter auftun?

Fazit: was heutzutage als „Wissenschaft“ auftritt, hilft nicht weiter. Es hat genauso wenig Boden, wie ansonsten dieser oder jener Glaube. Das ist vielleicht auch der Grund dafür, dass immer öfter „Wissenschaftler“ nach der Maxime handeln: wes Brot ich eß, des Lied ich sing.

Der „richtige“ Weg

Aufgrund der Vorlieben der Menschen bilden sich diese oder jene Gruppen um diese oder jene Meinung, und so entsteht der Krieg des Menschen gegen den Menschen, je mehr in der Gruppe, in der „Filterblase“, desto schlimmer. Es wird wohl kaum möglich sein, hier den „richtigen“ Weg aus der Kalamität zu finden. Denn jeder mögliche Weg widerlegt über kurz oder lang sich selbst, indem er die „Anderen“, die „Gegner“ ausschließt und sich selbst zur alleingültigen Richtschnur erklärt. Also – um es klar zu sagen – indem er alle anderen versucht zu beherrschen. Aber weil es ja die „Anderen“ gibt, die er beherrschen muss, ist er eben nicht „alleingültig“.

Auf dieser Erde leben wir alle gemeinsam, und daher hat das, was der eine tut gegenüber dem anderen, über kurz oder lang auch seine Rückwirkungen auf den Täter selbst. Jede Ideologie, die sich selbst zur Herrschenden machen will, geht über Leichen und Blutvergießen: Hitler, Stalin, Mao, Mussolini, Elitegruppen aus Industrie und „Wissenschaft“, die sogenannten „Neoliberalen“ und wer sonst noch alles. Alle kennen sie nur diesen Weg: Macht auszuüben und den „Gegner“ zu vernichten oder mindestens so zu unterdrücken, dass er nicht mehr stört. Ein kurzer Blick auf die Geschichte kann uns lehren, dass das zu nichts führt. Irgendwann ist dann die andere Seite dran. Dann geht das Blutvergießen weiter.

Gibt es vielleicht einen ganz prinzipiellen Grund, warum das besonders in unserer Zeit so unentrinnbar scheint?

Wir denken vom Einzelnen aus

Der Grund liegt in unserer Art zu denken, über Welt und Mensch, über uns selber und den Anderen. Die Frage, die uns die „Krise“ derzeit vorlegt, weist uns darauf hin. Da gibt es – mit ausgetüftelten Methoden gefunden – ein winziges, im alltäglichen Leben unsichtbares Etwas, über dessen Existenz und Eigenschaften nur Spezialisten etwas wissen. Esoterik pur also – im ursprünglichen Sinne des Wortes: „Esoterik (von altgriechisch ἐσωτερικός esōterikós ‚innerlich‘, dem inneren Bereich zugehörig‘) ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist, im Gegensatz zu Exoterik als allgemein zugänglichem Wissen.“ (2). Virologie ist ja offenbar in diesem Sinne „esoterisch“. Und wenn sich schon die Virologen nicht über dieses winzige Etwas einig sind – sind die einzelnen virologischen „Schulen“ einander „esoterisch“ geworden? – wer von uns „Dilettanten“ soll dann beurteilen, wer nun das „Richtige“ sagt?

Unsere Zeit verlangt völlige Öffentlichkeit aller Dinge von allgemeiner Bedeutung. Andernfalls wäre alles Reden von Freiheit und Gleichheit eine Farce. Auch die Ansicht, dass die Welt eben so kompliziert sei, dass nur „Eingeweihte“ darüber etwas Relevantes sagen können, ist nur Meinung. Die Parteien und ihr Streit bleiben.

Könnte das Problem darin liegen, dass wir immer nur vom Einzelnen ausgehen, immer meinen, aus dem Einzelnen habe sich erst das Ganze geformt – durch Zufall, göttlichen oder teuflischen Plan, Dummheit der Menschen, Kampf ums Dasein, oder, oder, oder ….? Die derzeitige Auseinandersetzung ist ein Beispiel. Nur, wer über dieses kleine Etwas, das unsichtbare „Gespenst“ genau Bescheid weiß, weiß das „Richtige“. Denn das ist der Maßstab, sagt man, das Einzelne, das Virus. Ist es ein äußerst gefährliches Gespenst, dann kann es auch nötig sein, drakonische Maßnahmen zu ergreifen. Die ergriffenen Maßnahmen sind symptomatisch: sie vereinzeln die Menschen, etwas anderes fällt offenbar niemandem ein.

Auch der Streit, auf welchem Wege man diesem Gespenst und dem „Richtigen“ beikommt: durch Virologie, Statistik, mit dem Mikroskop, durch Gentechnik, oder wie sonst hilft nicht weiter. Jeder ist dabei, Einzelheiten zu sammeln und dann zu streiten – jeder nach Maßgabe seines Gesichtspunktes. Vom Einzelnen auszugehen, hilft also nicht.

Was aber hilft dann? Was ist das „Ganze“? Wo ist es zu finden?

Wo ist das „Ganze“?

Wir sind nicht der „Weltenschöpfer“ – sei er nun Gott, ein Urknall oder noch etwas ganz anderes – in dem das Ganze veranlagt gewesen sein mag. Wir sind heutige Menschen, die sich um wahrheitsgemäßes Erkennen bemühen können. Da ist es unausweichlich, den Geist des Menschen, sein individuelles Seins-Zentrum, aus dem alles Denken über die Wirklichkeit, alle Wissenschaft, aller Glauben letztlich hervorgeht, zum Ausgangspunkt zu nehmen. In ihm spielt sich alles Erklären der Wirklichkeit ab, sei es materialistisch, spiritualistisch, religiös, einfach dumpf oder was sonst noch alles. Und wenn wir von diesem realen, erlebten und erlebenden Menschen ausgehen, der sich in unzähligen Varianten in der Welt austobt, haben wir vielleicht eine Chance, etwas Gemeinsames zu entdecken.

Dann müssten wir eine Wissenschaft entwickeln von dem Denken, mit dem der Mensch die Wirklichkeit zu erklären trachtet, eine Wissenschaft, die jeder, der nur denken will, in sich selber nachvollziehen könnte, und die uns so auch zu einer Wissenschaft vom Menschen, dem Anderen führen könnte. Zu einer Wissenschaft dann also, die mir mein eigenes Denken ebenso wie das des Anderen verständlich macht. Sie wäre nicht „esoterisch“.

Wissenschaft vom Denken

Wohlgemerkt: ich rede von einer Wissenschaft vom Denken, nicht vom Gedachten! Denn das Gedachte bleibt individuell, da es alles dasjenige einbeziehen muss, was das einzelne Individuum von seinem Gesichtspunkt aus in der Welt erlebt. Das Denken selbst aber, der Weg, auf dem alles Wissen entsteht, ist universell, im Grundsatz allen Menschen gleich zu Eigen, und in Bezug auf diesen Weg ist alles, was mir durch einen Anderen zukommt, für mich nachvollziehbar.

Wir können als individuelle Menschen nichts wirklich Gleiches in der Welt finden, das uns mit allen anderen verbindet. Keiner kann durch die Augen des Anderen blicken, mit seinen Ohren hören, mit seinen Sinnen riechen, schmecken, tasten und so weiter. Meine Sinneswelt bleibt insofern nowendig „esoterisch“ im engsten Sinne, nämlich auf mich selbst beschränkt. Das ist und bleibt so. Das Denken als Weg kann aber immer für jeden anderen, der nur will, nachvollziehbar gemacht werden. Das erfordert „nur“ ernsthaftes Wollen, Mitteilung, Zuhören, Nach-Denken, also: selbstgewolltes soziales Tun. Es ist daher das eigentlich Universelle im Menschen, durch das die Menschen auch zu einander finden können.

Es ist eine Frage der Redlichkeit, auch die Quellen zu nennen, an denen sich das eigene Denken bildet. Die Tatsache, dass in unserer neuzeitlichen Geistesverfassung das Denken das universelle Element ist, hat als erster vollständig und philosophisch genau Rudolf Steiner beschrieben. Er wird meiner Ansicht nach oft vollständig verkannt, auch und gerade von vielen Menschen, die sich als seine „offiziellen“ Statthalter auf Erden betrachten. Was er in seinen grundlegenden Werken: „Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung“, „Wahrheit und Wissenschaft“ und vor allem „Philosophie der Freiheit“ dargelegt hat, ist bis heute nicht genügend verstanden und gewürdigt worden. Die Diskussion über die Gründe dafür würde hier den Rahmen sprengen, und ist letztlich auch müßig.

Gesagt kann aber werden, dass alle Kritik an seinen späteren Taten ohne eine verstehende Grundlegung im Nach-Denken der genannten Werke – im Sinne des oben genannten selbstgewollten sozialen (Nach-)Tuns bodenlos bleiben muss. Solche Kritik verdeckt nur die geistigen Leistungen, die Rudolf Steiner darin vollbracht hat. Was in seinem Leben später kam, kann von einem gewissen Gesichtspunkt aus eher als eine pädagogische Tätigkeit angesehen werden, in der er versucht hat, seine Einsichten denjenigen Menschen nahezubringen, die davon hören wollten, aber nicht die Möglichkeit und den Willen hatten, mit diesen Einsichten sich selber denkend zu befassen. Er hat eben für die Menschen gesprochen, die da waren. Andere gab es offenbar nicht.

Finden sich – durch die „Krise“ aufgeweckt – heute genügend selber Denkende? Dann könnte eine Wissenschaft vom Denken den Weg weisen in eine selbst-gewollte, soziale Zukunft.

Weitere Artikel zum Thema gibt es => hier

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(1) Hawking, Stephen W.: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. – Reinbek: Rowohlt Verlag GmbH, 1988. Kapitel „Unsere Vorstellung vom Universum“
(2) Wikipedia, Artikel „Esoterik“, 18.05.2020, https://de.wikipedia.org/wiki/Esoterik