Kurze Worte zur „Wissenschaftlichkeit“

Sich selbst vergessen

Jeder Begriff, den sich welcher Mensch auch immer von „Wissenschaftlichkeit“ machen kann, entstammt seinem eigenen Denken. Das ist eine Tatsache, der wohl niemand entgehen kann. Diese Tatsache sorgt aber auch dafür, dass es sehr viele unterschiedliche Begriffe davon geben kann.

Wer nun meint, er müsse „DEN RICHTIGEN“ Begriff von Wissenschaftlichkeit finden, und ohne den sei alle Bemühung um Wissenschaft sowieso zwecklos, der übersieht eines: er hat sich einen neuen, der „Wissenschaftlichkeit“ übergeordneten Begriff gemacht, an dem er seines und das erkennende Tun der anderen messen will, nämlich den des (ausschließlich) „Richtigen“.

Es ist einfach unentrinnbar: unsere Begriffe formen wir uns selber durch unser Denken. Darin sind wir alle gleich, wir Menschen. Und auch, wer immer wieder meint, wir täten das nicht selber, formt sich diese Meinung – pardon – selber.

Wer also „Wissenschaftlichkeit“ begreifen will, muss immer mit sich selber rechnen, mit der eigenen Art und Weise zu denken. Ohne das ist das Ergebnis immer bodenlos.

… und wiederfinden?

Das schafft zugegebenermaßen ein Dilemma: denn die Art, wie wir denken, können wir nicht unmittelbar beobachten, wie schon Rudolf Steiner Ende des 19. Jahrhunderts ausführlich darlegte (Wahrheit und Wissenschaft, Philosophie der Freiheit). Dennoch haben wir mit der oben genannten Feststellung etwas gewonnen: einen Maßstab nämlich für die Wahrheit unseres Erkenntnisstrebens.

Und der ist in jedem Einzelnen von uns vorhanden. Die Tatsache, dass wir uns selber im Tun nicht unmittelbar beobachten können, läßt sich ja nur auf eine Art erklären: ich selbst als Denkender befinde mich offenbar in einer anderen Sphäre als alles, was ich als Gedankeninhalte und Begriffe mir vor das innere Auge führen kann. Dadurch kommt es ja gerade, dass unser Denken – daran gewöhnt, alles „Wirkliche“ außerhalb seiner selbst zu suchen – so große Schwierigkeiten hat, sich selbst zu finden.

Aber es ist doch ganz einfach: keine noch so ausgebuffte Wissenschaft, die mich selber nicht einbezieht, hat jemals mich, mein ICH-Erleben, mein Denken finden können. Und dennoch entstammt sie ausnahmslos dieser Quelle (ebenso natürlich jedem anderen denkenden Menschen). Und damit haben wir den universellen Quell aller Erkenntnis – wenn zunächst auch nur im Negativ – gefunden: er liegt im Menschen.

Anthroposophie

Aber es gibt eine Art der Wissenschaft, die genau diesen Quell zum Ausgangspunkt nimmt, jedenfalls in dem Namen, der ihr im Laufe der Zeit auch gegeben wurde: Anthroposophie – Weisheit vom Menschen (aus).

Rudolf Steiner wurde nicht müde, immer wieder darauf hin zu weisen., dass eine Erkenntnis der Wirklichkeit nur möglich ist, wenn sie den Menschen (also konkret: mich, dich, jeden Einzelnen, in seinem Selbst-Erleben) mit einbezieht.

Wer also davon redet, Anthroposophie solle „wissenschaftlich“ sein, kann nur zu einem irgendwie sinnvollen Ergebnis kommen, wenn er im hier genannten Sinne anthroposophisch zu Werke geht.

Das ist einfach eine Sache, die hier nur in einer bestimmten Wiese beschrieben wird, die aber für jeden Menschen, der darauf aufmerksam werden will, unmittelbar beobachtet werden kann und daher keines Beweises bedarf. Einziges Kriterium ist, ob ein Mensch wirklichkeitsgemäß denken WILL oder nicht. Wer nicht will, der hat schon, sagt man ja.

Also lassen wir weitere Auseinandersetzungen über dieses Thema auf sich beruhen ….